Nach Demo mit NPD-Funktionären: Gießener...

Die "Gelben Westen Gießen" haben mit einer Einladung an eine von der NPD initiierten Aktion für Proteste gesorgt.  Archivfoto: Schäfer

Der Schulterschluss der "Gelben Westen Gießen" mit Mitgliedern der NPD wirft Fragen über die politische Gesinnung der Bewegung auf. Nun gibt Ronny Böhm, Initiator der...

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GIESSEN. Der Schulterschluss der "Gelben Westen Gießen" mit Mitgliedern der NPD wirft erneut Fragen über die politische Gesinnung der Bewegung auf. Am Samstag liefen bei der wöchentlichen Demonstration auch Funktionäre der rechtsextremen Partei mit, darunter Thassilo Hantusch, der für die NPD im Wetzlarer Stadtparlament sitzt. Ronny Böhm, Initiator der Gelbwesten, hatte zuvor mit einem Kommentar auf Facebook auch die "Schutzzone", eine von der NPD ins Leben gerufene Aktion, eingeladen. Nach Bekanntwerden dieser Einladung formierte sich am Samstag eine spontane Gegendemonstration, an der rund 35 Menschen teilnahmen - etwa so viele wie aufseiten der Gelbwesten (der Anzeiger berichtete).

Während des Protestmarsches kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen Gelbwesten und laut Polizei unbeteiligten Personen aus der Punkerszene, wobei ein Punker verletzt wurde. Die Ermittlungen dauern noch an. Außerdem erstattete die Polizei Anzeige, weil ein Teilnehmer der Gelbwesten-Demo Quarzhandschuhe bei sich trug und damit gegen das Versammlungsgesetz verstieß.

In einer schriftlichen Stellungnahme erklärt Ronny Böhm nun, dass er gegen jegliche Gewalt sei und sich "durch niemanden in die rechte Ecke drücken" lassen wolle. Die Gelbwesten seien eine unparteiische Bewegung, die ihren Unmut über die Politik ausdrücken wolle. "Wir wollen aufmerksam machen, was im Land schiefläuft", heißt es in dem Schreiben. "Wir distanzieren uns von allen Personen, die einer Partei angehören." Gleichzeitig räumt Böhm ein: "Was ich mir als Veranstalter tatsächlich vorwerfen muss, ist die unwissentliche Einladung durch meine Kommentare in den Sozialen Netzwerken." Er habe in der Vergangenheit nie darauf geachtet, von wem oder welcher Partei eine Aussage stammte. "Wenn ich den Inhalt richtig fand, habe ich zugestimmt, fand ich den Inhalt falsch, dann habe ich auch negativ kommentiert", so der Initiator der Bewegung.

Doch wie glaubhaft ist diese Erklärung? Hinter der Aktion "Schutzzone" der NPD verbirgt sich praktisch der Aufruf zur Gründung von Bürgerwehren. Die Polizei sieht die Gruppe kritisch: Im Januar mussten Teilnehmer der Aktion in Wetzlar ihre Westen und Plakate abgeben, weil sie damit gegen das Gewaltmonopol des Staates verstießen. Zuletzt hatten "Schutzzone"-Mitglieder Faschingsumzüge missbraucht, um für sich zu werben. Außerdem veröffentlichten sie Bilder vor der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen auf Facebook, mit dem Vermerk: "Bei Unterbringungszeiten von bis zu 18 Monaten kann der ein oder andere schon mal zu viel 'Langeweile' bekommen. Daher haben wir hier und im umliegenden Gebiet einmal nach dem Rechten gesehen." Ronny Böhm hatte seine Einladung zur Gelbwesten-Demo als Kommentar zu diesem Beitrag gepostet. Er selbst teilt auf Facebook regelmäßig rechtskonservative Inhalte.

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Geringes Gewaltpotenzial

Die jüngsten Ereignisse könnten Auswirkungen auch auf künftige Demonstrationen der Gelbwesten in Gießen haben. Wie Sabine Richter, Pressesprecherin beim Polizeipräsidium Mittelhessen, sagte, bewerte die Polizei vor jeder angekündigten Versammlung die Lage neu. "Da werden die Ereignisse vom vergangenen Wochenende mit einfließen." Das Gewaltpotenzial der Bewegung schätzt sie dennoch als gering ein, da mit Ausnahme der beiden Anzeigen am Samstag die Gruppe in der Vergangenheit polizeilich nicht aufgefallen sei. Am 16. März wollen sich die "Gelben Westen Gießen" erneut auf dem Rathausvorplatz versammeln. Laut Stadtverwaltung ist bislang keine Gegendemo angemeldet.