Fesselnde Intrigen: Die auf Sky gestartete Serie „House of the Dragon“ erzählt die Vorgeschichte zum Megahit „Game of Thrones“ – und überzeugt mit Spektakel und Schauspielkunst.
. Eigentlich sagt der Titel schon alles: Wenn eine Geschichte mit „House of“ überschrieben ist, geht es um familiäre Konflikte, gegenseitige Verletzungen, Verfall. All dies sind zentrale Elemente in „House of the Dragon“, dem Nachfolger des Serien-Mega-Hits „Game of Thrones“, der ab sofort auf Sky zu sehen ist – jeden Montag erscheint eine neue Folge. Drei Jahre nachdem das – für viele Fans enttäuschende – „Game of Thrones“-Finale ausgestrahlt wurde, befinden wir uns also wieder in Westeros, jener so fantastischen wie gnadenlos brutalen Welt aus der Feder von George R.R. Martin. Der US-Autor hat mit „Fire and Blood“ nicht nur 2018 die Buchvorlage für die neue Serie geliefert, sondern war auch an ihrer Produktion beteiligt. Schon die Pilotfolge bietet vieles, was „Game of Thrones“ ausgezeichnet hat: Sex. Politische Intrigen. Gewalt. Und natürlich Drachen, jene monströse Machtbasis des Hauses Targaryen, das hier, 172 Jahre vor den Ereignissen der Ursprungsserie, auf dem Höhepunkt seiner Macht gezeigt wird.
Oder sagen wir besser: Am Vorabend seines Niedergangs. Zum zweiten Mal in kurzer Zeit gibt es keinen natürlichen Erben für den Eisernen Thron, die Targaryen-Dynastie und jenes Riesenreich, das Aegon der Eroberer rund 100 Jahre zuvor gewaltsam begründet hat. Schon König Viserys Targaryen (Paddy Considine) kam vor zehn Jahren nur an die Macht, weil sein Großvater Jaehaerys zuvor seine beiden Söhne verlor. Ein von Jaehaerys einberufener Großer Rat entschied sich für Viserys als Erben – obwohl dessen Cousine Rhaenys den älteren Anspruch hatte. Aber sie war eben auch eine Frau. Als Zuschauer bekommt man all dies zu Anfang der Pilotfolge in Form eines etwas drögen Prologs erzählt – was zunächst befremdet, hatte es „Game of Thrones“ doch meisterhaft geschafft, das Publikum sofort ins Geschehen hineinzuziehen. Doch die Zweifel zerstreuten sich schnell: „House of the Dragon“ bietet fesselnde Unterhaltung und dürfte allen „Game of Thrones“-Fans gefallen. Das liegt nicht nur an den exzellent in Szene gesetzten Schauwerten des großen Turniers, mit dem König Viserys die bevorstehende Geburt seines erwarteten Sohns und Erben feiern will, oder der mitreißenden Musik des iranisch-deutschen Komponisten Ramin Djawadi.
Charaktere sind subtil gezeichnet
Es liegt vor allem an der Schauspielkunst der Darsteller und der subtilen Zeichnung ihrer Charaktere – beides Aspekte, mit denen ja auch „Game of Thrones“ punkten konnte. So ist zwar von Beginn an klar, dass es zum Bruch zwischen Viserys und seinem impulsiven Bruder Daemon Targaryen („The Crown“-Star Matt Smith) kommen muss, der anfangs der offizielle Königsanwärter ist. Wie folgerichtig sich dieser Bruch jedoch aus Viserys‘ Schicksalsschlag des Verlusts von Frau und Kind entwickelt, ist klug konstruiert. Ebenso folgerichtig beeinflusst Viserys‘ Verlust die Entscheidung, seine Tochter Rhaenyra (Milly Alcock, später übernimmt Emma d‘Arcy) zu seiner Erbin auszurufen und das patriarchale Prinzip infrage zu stellen, dem er selbst seine Herrschaft verdankt. All dies bereitet die Bühne für den als „Dance of the Dragons“ bekannten Bürgerkrieg, den die Serie erzählen wird.„House of the Dragon“ hat damit mehr von einem Shakespearschen Königsdrama als von dem, was viele klischeehaft unter Fantasy verstehen – und bleibt auch damit George R.R. Martins stark von britischer Geschichte inspirierten Welt treu.
Von Johanna Dupré