Alexander "Sascha" Bukow (Charly Hübner) ist nach Sibirien verschwunden, Katrin König (Anneke Kim Sarnau) muss zum ersten Mal nach mehr als zehn Jahren ohne ihn ermitteln.
. Was bleibt? Melancholie, ein schweres König-Herz, wenig Motivation für die Arbeit. Doch ganz so allein, wie sie glaubt und wie sie es gern wäre, ist sie nicht. Bukows Halbschwester Melly Böwe (Lina Beckmann) steht plötzlich auf der Bildfläche, und es dauert eine Weile, bis König herausfindet, was Böwe mit ihrem aktuellen Fall zu tun hat.
In einem Einfamilienhaus wurden eine alleinerziehende Mutter und ihr Sohn tot aufgefunden. Sie wurde mit mehreren Stichen ermordet; ihr vom Hals abwärts gelähmter Sohn starb an einem Schlaganfall, weil niemand mehr seine Infusion wechseln konnte. König ermittelt gemeinsam mit ihren Kollegen Volker Thiesler (Josef Heynert), Anton Pöschel (Andreas Guenther) und Henning Röder (Uwe Preuss) bei Jens Sommer (Christian Beermann), dem Ex-Mann und Vater, sowie bei der Familie Genth, die gut mit den Sommers befreundet war. Haben Jule (Susanne Bormann) und Holger Genth (Jörn Knebel) etwas mit dem Tod der Sommers zu tun – oder ihre Pflegekinder Emma (Paraschiva Dragus) und Max (Alessandro Schuster)? Dann verschwindet plötzlich Max – und Melly Böwe taucht auf.
Kann es funktionieren, den so erfolgreichen und einzigartigen Ableger einer Krimi-Reihe nach einem Jahrzehnt neu zu erfinden, neues Personal zu zeigen, neue Geschichten zu erzählen? Der "Polizeiruf 110" aus Rostock zeigt in "Seine Familie kann man sich nicht aussuchen": Ja, das funktioniert.
Es funktioniert, weil Anneke Kim Sarnau und Lina Beckmann als neues Duo an der Front eine wunderbare Chemie haben – die weder gestellt noch hart arbeitet wirkt, sondern einfach da ist. Beckmann spielt die Melly Böwe als direkte, offene, herzliche, vertrauenswürdige Person. Charakterzüge, die König zwar nicht fremd sind, die sie aber nur schwer einschätzen kann. So darf sich auch Sarnau in der Rolle der Katrin König neu ausrichten, einen neuen Weg finden.
Das Gespann Böwe/König verkompliziert sich dadurch, dass Böwe ausgerechnet Bukows Halbschwester ist. Doch dank dieser Konstellation weht nicht nur frischer, sondern angenehmerer Wind durch das Rostocker Revier.
Autor Florian Oeller hat dem "Polizeiruf"-Team zudem einen schlüssigen, tiefgründigen Fall geschrieben, der es König und Böwe abverlangt, miteinander zu arbeiten. Und in genau diesen Szenen liegen die absoluten Stärken des Films. Immer dann, wenn die beiden Frauen merken, dass sie einander vertrauen müssen, sich aufeinander verlassen müssen, manchmal auch wortlos – immer dann ist "Seine Familie kann man sich nicht aussuchen" am stärksten. Das liegt auch daran, dass Regisseur Stefan Krohmer kleine, aber feine Akzente in den richtigen Augenblicken gesetzt hat.
Der Titel des Films ist ohnehin auch ein Versprechen, das durchgehend eingelöst wird: Katrin König, die sich ihre Familie schon lang ausgesucht hat, aber die sich nun neu einnorden muss. Melly Böwe, die durch das Schicksal ins Rostocker Land gespült wird und eigentlich keine Wahl mehr hat und gekommen ist, um zu bleiben. Das Rostocker Team um Chef Henning Röder, das den Abschied Bukows noch verkraften muss. Das alles geht auf und passt hervorragend. Rund wird das Paket durch den hervorragenden Episoden-Cast, allen voran Paraschiva Dragus als Emma und Alessandro Schuster als Max.
Wer den bärbeißigen Brummler Bukow vermisst, wird diesem Film wohl nicht uneingeschränkt aufgeschlossen gegenüberstehen, doch den pessimistischen Zweiflern sei versprochen: Das Einschalten lohnt sich unbedingt! Geben Sie dem neuen Team auf jeden Fall eine Chance.
Das Erste zeigt den "Polizeiruf 110: Seine Familie kann man sich nicht aussuchen" am Sonntag, 24. April, um 20.15 Uhr.