Der 87. Fall von Batic und Leitmayr ist definitiv einer der ungewöhnlichsten und originellsten. "Dreams" lässt die Zuschauer stimmungsvoll zwischen Traum und Realität wandeln.
. Traum oder Wirklichkeit? Geigenspielerin Marina Eeden (Jara Bihler) taucht im Münchener Polizeipräsidium auf und gesteht den Mord an Lucy Castaneda, ihrer besten Freundin und Mitkonkurrentin im Vorspiel um den begehrten Orchesterplatz. Doch weiß sie nicht, ob sie die Tat nur geträumt hat oder ob sie tatsächlich passiert ist. Die junge Frau ist nämlich eine luzide Träumerin. Bedeutet: Sie kann ihre Träume steuern.
Mit dieser Fähigkeit nimmt sie an einem Schlafforschungsprojekt teil: gezieltes Träumen soll leistungssteigernd und druckabbauend wirken. Doch ist sie nicht mehr in der Lage, Traum und Realität klar voneinander zu trennen. So inspizieren die Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) einen Tatort, der eventuell gar keiner ist. Zumindest lässt sich auf dem Dach des Münchener Kulturzentrums Gasteig keine Leiche finden. Dafür jedoch Blut. Und von Lucy seit Tagen keine Spur.
Der 87. Fall von Batic und Leitmayr – definitiv einer der ungewöhnlichsten und originellsten. Thematisch bringt der "Tatort: Dreames" viel mit: Einblicke in das luzide Träumen, das dem einen oder der anderen bereits aus dem Film "Inception" geläufig sein könnte, sorgen dafür, dass ein Eindruck entsteht, wie Wach- und Schlafzeit, Realität und Traum fließend ineinander übergehen können. Diese Einblicke werden ausdrucksstark durch die bild- und tonästhetische Ebene in Szene gesetzt. Einen großen Anteil daran hat sicherlich die vom Münchener Rundfunkorchester eingespielte Filmmusik.
Orchesterspieler seien dem gleichen Stress ausgesetzt wie Formel-1-Rennfahrer, erklärt Kalli Hammermann, das Küken im Kommissariat. Und greift damit einen weiteren Themenschwerpunkt dieses "Tatorts" auf: den immensen Leistungsdruck, den die Orchestermusik ihren Musikerinnen und Musikern abverlangt. Die einen greifen zu Ritalin, die anderen versuchen durch luzides Träumen maximale Leistung abzurufen. Das Schlafforschungsprojekt – "ein Zeltlager für Hochbegabte" mit dem Credo: "Träum dich erfolgreich."
Der "Tatort" unter Regie von Boris Kunz schafft einen gelungenen Mix aus Novum und Routine. Für Routine sorgen die alten Hasen Batic und Leitmayr, die mit sehr viel Selbstironie darauf hinweisen, dass sie nun schon 30 Jahre zusammen ermitteln – und sich dies in synchroner Gestik und Mimik widerspiegelt. Frischen Wind bringt nach wie vor Kriminalkommissar Kalli mit – aber auch der ungewöhnliche Fall in seiner Umsetzung sorgt für den Wunsch, dass der "Tatort" aus München sich in dieser Konstellation noch möglichst lange nicht in den Ruhestand verabschieden möge.
Das Erste zeigt den "Tatort: Dreams" am Sonntag, 7. November, um 20.15 Uhr.
Von Conny Holtfoth