Marlon (Lucas Herzog) ist neun Jahre alt und kein leichtes Kind. Er ist aggressiv, abweisend, anstrengend.
Von Kirsten Ohlwein
Stern (Lisa Bitter, l.) und Odenthal (Ulrike Folkerts) ermitteln im Umkreis einer Schule.
(Foto: SWR/Christian Koch)
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Als der Junge eines Tages tot in seiner Schule aufgefunden wird, scheint die Erleichterung größer als die Trauer. "Marlon" – so lautet dann auch der Titel des neuen Ludwigshafener "Tatort". Und Marlon ist überall im Film zu finden. Jeder der Protagonisten scheint ein Motiv zu haben, was nicht nur den Zuschauer irritiert und verstört zurücklässt. Die Ermittlerinnen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter) suchen einen passenden Umgang mit den Eltern, den Lehrern, den Mitschülern und Sozialarbeitern, stoßen aber immer wieder und vor allem heftig an deren und ihre eigenen Grenzen. Erst langsam gelingt es den beiden Polizistinnen, die letzten Tage des Jungen zu rekonstruieren.
Das Drehbuch, das Karlotta Ehrenberg geschrieben hat, funktioniert auf vielen Ebenen. Es spielt mit dem Entsetzen über den Tod eines Jungen, der in sich und seiner Welt gefangen schien und emotional schon lange nicht mehr abgeholt wurde. Das Buch arbeitet aber auch intensiv mit Wut und Zorn der Zuschauer – und zwar nicht nur gegenüber den erwachsenen Verantwortlichen, sondern auch der anderen Kinder. Das ist verstörend, das tut richtig weh – und es lässt sich über die gesamte Sendezeit nicht ausblenden. "Marlon", das ist ein Film, den man so schnell nicht mehr vergisst. Weil man sich fragt, was die Gesellschaft mit schwierigen Kindern macht, was eigentlich an unseren Schulen los ist, wie gute Sozialarbeit geht, wie man Eltern unterstützen kann.
"Marlon" lässt viele Fragezeichen, aber auch Ausrufezeichen in den Gesichtern zurück. Wer sich während des Films ertappt, nahezu jeden der Beteiligten zu verachten, auch die Kinder, der ist vermutlich in guter Gesellschaft. Die Regie von Isabel Braak setzt dem Ganzen dann die Krone auf.
Nach zuletzt vielen wirklich sehr schwachen "Tatorten" aus Ludwigshafen ist "Marlon" endlich wieder ein richtig guter Ausreißer nach oben. Die Ermittlerinnen gefallen, die Protagonisten sind eindringlich, der Fall ist schmerzhaft, aber schlüssig. So darf es bitte endlich wieder weitergehen am Rhein.
Das Erste zeigt den "Tatort: Marlon" am Sonntag, 8. Mai, um 20.15 Uhr.