Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung vergibt den Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa 2020 an Ute Frevert. Den Merck-Preis für literarische Kritik und Essay...
DARMSTADT. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt hat den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa und den Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay für dieses Jahr vergeben. Der Freud-Preis geht an die Historikerin Ute Frevert, die seit 2008 Direktorin des Berliner Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung ist, den Merck-Preis erhält die Literaturkritikerin Iris Radisch, die seit 2013 gemeinsam mit Adam Soboczynski das Feuilleton der Wochenzeitung „Die Zeit“ leitet. Beide Auszeichnungen sind mit jeweils 20 000 Euro dotiert. Sie werden am 31. Oktober zusammen mit dem Georg-Büchner-Preis in Darmstadt verliehen.
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Ute Frevert, geboren 1954 in Bad Salzuflen, leitet heute am Max-Planck-Institut den Forschungsbereich „Geschichte der Gefühle“. Zuvor lehrte sie Deutsche Geschichte an der Yale University, USA sowie Neuere Geschichte an den Universitäten Bielefeld, Konstanz und an der Freien Universität Berlin. In der Begründung der Jury zum Freud-Preis für Frevert heißt es, sie habe „nach richtungsweisenden Arbeiten zur Sozial- und Geschlechtergeschichte seit dem 18. Jahrhundert ihr Forschungsinteresse auf die Geschichte der Gefühle konzentriert und in einer Fülle von Studien gezeigt, auf welche Weise Emotionen geschichtlich geprägt sind und ihrerseits geschichtsbildende Kraft entfalten“. In Büchern wie „Gefühlspolitik: Friedrich II. als Herr über die Herzen?“, „Die Politik der Demütigung: Schauplätze von Macht und Ohnmacht“ oder „Kapitalismus, Märkte und Moral“ erschließe sie „die Macht der Gefühle“ im historischen Einzelfall ebenso materialreich wie pointensicher.
Die Merck-Preisträgerin Iris Radisch beeindruckte die Jury „als Kritikerin und Essayistin durch profunde Kenntnis der deutschsprachigen und internationalen Literatur“. Sie begleite das Schaffen zahlreicher Schriftsteller „mit strengem Blick und zugeneigter Aufmerksamkeit“ und kämpfe gerade als Redakteurin „für eine Idee von ernsthafter Literatur jenseits aller Moden“. Radischs Liebe zu Frankreich erweise sich beispielsweise in „Warum die Franzosen so gute Bücher schreiben“ oder ihrer Biografie von Albert Camus. Dazu werde das Gespräch mit Autoren bei ihr zu einer beispielhaften Form, denn sie stehe den Autoren „durch minutiöse Kenntnis ihrer Werke so nahe wie eine vertraute Freundin“.
Die 1959 in Berlin geborene Kulturjournalistin hat nach ihrem Studium der Germanistik, Romanistik und Philosophie in Frankfurt und Tübingen zunächst für die „Frankfurter Rundschau“ gearbeitet. Sie war von 1995 bis 2008 zunächst Jurymitglied, dann Juryvorsitzende des Ingeborg-Bachmann-Preises und erhielt 2008 den Medienpreis für Sprachkultur der Gesellschaft für deutsche Sprache. 2009 wurde Iris Radisch von der französischen Kulturministerin zum „Chevalier des Arts et des Lettres“ ernannt.
Dem Fernsehpublikum ist sie als Kritikerin in der Runde des „Literarischen Quartetts“ sowie als Moderatorin von Sendungen wie „Bücher, Bücher“ im HR oder dem „Literaturclub“ des Schweizer Fernsehens bekannt geworden.
Von Annette Krämer-Alig