Fredrik Vahle liest aus seinen Lebenserinnerungen

Fredrik Vahle liest, erzählt und singt auf Einladung des Georg-Büchner-Clubs morgen ab 19 Uhr im Hermann-Levi-Saal aus seinem Leben. Foto: Schwarz
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Fredrik Vahle liest und erzählt auf Einladung des Georg-Büchner-Clubs am Dienstag um 19 Uhr im Hermann-Levi-Saal aus seinem Leben und wird dabei auch das eine oder andere Lied...

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GIESSEN. GIESSEN. Am morgigen Dienstag, 14. September, ist der bekannte Kinderliedermacher Fredrik Vahle ab 19 Uhr im Hermann-Levi-Saal zu hören. Auf Einladung des Georg-Büchner-Clubs liest er aus seinen Erinnerungen. „Schräge Lieder, schöne Töne“ und erzählt aus seinem ereignisreichen, wandlungsvollen Leben und dem, was ihm wichtig ist – nachdenklich, humorvoll, poetisch.

Fredrik Vahle lehrt an der Gießener Universität. Bekannt ist er seit vielen Jahrzehnten aber vor allem als Kinderliedermacher. Mit seinen Konzerten, auf denen auch immer wieder die Gießener Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz als Gesangspartnerin auftritt, begeistert er Klein und Groß. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher und CDs. Millionen von Kindern wuchsen auf mit seinen Liederheldinnen und -helden „Anne Kaffeekanne“, dem „Hasen Augustin“, dem „Cowboy Jim aus Texas“ oder dem Lied „die Rübe“, das Kindern Mut macht, vorurteilsfrei und gemeinsam zu handeln. Fredrik Vahle erhielt viele Auszeichnungen, unter anderem das Bundesverdienstkreuz.

Geprägt von den 68ern

Geprägt vom Aufbruchsgeist der späten Sechziger wollte und will Vahle nicht nur unterhalten, sondern hat immer auch eine Botschaft: Ums Miteinander geht es in seinen Liedern, um Selbstwahrnehmung und Fürsorge, um den Mut zur Freiheit, auch ums Hinhören und die Stille.

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Der sich immer wieder neu erfindende Poet hat mit „Schräge Lieder, schöne Töne“ keine Autobiographie geschrieben – doch er blickt in vielen „Erinnerungsausflügen“ auf sein wandlungsreiches Leben zurück. Es sind flanierende, ironische und komische Geschichten über das, was Fredrik Vahle wichtig geworden ist. Entstanden ist das Buch eines freien Menschen mit der Experimentierfreude eines Kindes, voller Weisheit und Ermutigung.

Geboren wurde Fredrik Vahle 1942 in Stendal (Altmark). Er lernte beim Großvater etwas Klavier spielen, war keine musikalische Sonderbegabung, aber immer vom Singen und von Musik begeistert. Ein Kindermädchen habe ihm die ersten Lieder beigebracht, sagt er später in einem Zeitungsinterview: Schlager, Moritaten, alte Stücke aus der Lüneburger Heide, Lieder „über Soldaten, denen beide Beine abgeschossen waren und so was“. So sonderbar diese Lieder auch waren, sie haben den Jungen in ihren Bann gezogen. „Das Bedürfnis, für andere zu singen, war ganz früh da.“

Beide Eltern waren Künstler und siedelten 1956 aus der damaligen DDR in die Bundesrepublik über, um in ihrer Kunst freier arbeiten zu können und auch in der Hoffnung, dort Karriere zu machen.

Nach dem Abitur studierte Vahle Deutsch und Politik. Danach widmete er sich zunehmend dem Kinderlied und veröffentlichte zahlreiche Bücher und Kinderlieder-Alben. Außerdem arbeitet er, mit einer Promotion in Soziolinguistik und habilitiert über Kindersprache und Kinderlied als Dozent an der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Mit einem Freund war Vahle zunächst beim sogenannten „Aktionskreis für aufgelöste Liedkultur“ aktiv. Der gehörte zum Gießener Ableger des SDS, des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds und da ging es um Provokation. „Ich habe Texte von Erich Fried ins Mikro gebrüllt. Mein Freund Ulli hatte seine Waldzither an eine 150-Watt-Anlage angeschlossen“, erinnert sich Vahle. „Das war infernalischer Lärm, eine Mischung aus Agitprop mit zarten und lyrischen Passagen.“ Die ersten Kinderlieder spielten er und seine damalige Partnerin Christiane Knauf bei einer Italienreise, das war Anfang der 70er Jahre.

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1973 erschien ein erstes Album der beiden „Die Rübe“ war damals für viele Zeitgenossen in Zeiten, in denen Kinder noch lernen mussten, „dem Onkel das gute Händchen“ zu geben, ein Affront. So hatte zuvor noch niemand für Kinder gesungen: In den Liedern – veröffentlicht auf dem linken Musiklabel „Pläne“, auf dem unter anderem Hannes Wader und Dieter Süverkrüp veröffentlichten – ging es um Mietwucher und Umweltschutz, gegen Aufrüstung oder die Angst vor den „Gastarbeitern“ – alles politische Themen und oft auch heute noch aktuell. „Das war der Marsch der Achtundsechziger in die Kinderzimmer. Es war antiautoritäre Erziehung auf Vinyl. Das Album wurde ein Erfolg und die Stücke darauf „Der Cowboy Jim aus Texas“, „Der Säbelkaiser“, „Die Rübe“ und der Brecht-Song vom Fisch Fasch, Klassiker der westdeutschen Kindermusik. Bis heute sind Vahles Konzerte fast immer ausverkauft.

Mit seinen Liedern war Vahle immer auch der Gegenentwurf zu Rolf Zuckowski, dem anderen erfolgreichen Kinderliedermacher. Bei Zuckowski, dessen bekanntester Song „In der Weihnachtsbäckerei“ ist und der für Peter Maffay später die Stücke zum Kinder-Musical „Tabaluga“ schrieb, erscheint die Welt bunt und leicht. Fredrik Vahle dagegen spart auch die Schattenseiten nicht aus, singt von Arbeitslosigkeit, Armut, Rassismus oder autoritären Eltern. „Lieder, die die Dinge beim Namen nennen, haben es schwerer“, sagt er. Trotzdem war seine Anhängerschaft immer groß und er konnte Jahr für Jahr neue Alben veröffentlichen, die mit den Jahren sanfter und auch weniger provokativ wurden.

40 Alben aufgenommen

Im Laufe seiner Karriere hat Fredrik Vahle mehr als 40 Alben veröffentlicht. Viele seiner Stücke gehören zum Kanon des westdeutschen Kinderliedes und wurden von Stars wie Max Mutzke, „Deine Freunde“, der Kabarettistin Maren Kroymann oder den früheren „Ton-Steine-Scherben“-Musikern Kai Sichtermann und Funky K. Götzner gecovert.

Es gibt also viel zu erzählen morgen Abend im Hermann-Levi-Saal, und sicher wird er Vahle dann auch zur Gitarre greifen und vielleicht auch ein Duett mit seiner langjährigen musikalischen Partnerin Dietlind Grabe-Bolz anstimmen.

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Für die Veranstaltung ist eine Anmeldung unter anmeldung@georg-buechner-club.de erforderlich, mit Angaben von Name, Adresse, Telefonnummer. Ein Nachweis von 3-G ist nötig.