Lina Beckmann ist im südhessischen Bensheim mit dem Gertrud-Eysoldt-Ring ausgezeichnet worden. Moderator Michael Quast scherzte über die Eintracht-Siegesfeier in Frankfurt.
Von Johannes Breckner
Redaktionsleiter Bergsträßer Echo
Stolz auf den Eysoldt-Ring: Lina Beckmann (links) mit der Bensheimer Bürgermeisterin Christine Klein und Hans-Jürgen Drescher, dem Präsidenten der Akademie der Darstellenden Künste.
(Foto: Thorsten Gutschalk)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
BENSHEIM - Charly Hübner weiß, wie es sich anfühlt, den Gertrud-Eysoldt-Ring zu erhalten. Er hat den bedeutenden Schauspielerpreis schon 2016 im Bensheimer Parktheater entgegengenommen. Am Samstag teilte er fröhlich das Glück seiner Frau Lina Beckmann, die ihm als Preisträgerin folgte. Überhaupt war die Preisfeier eine familiäre Sache – Lina Beckmanns Schwester Maja steht im Mittelpunkt jener „Medea“-Inszenierung, für die Leonie Böhm den Kurt-Hübner-Regiepreis entgegennahm. Und das Eysoldt-Wochenende in Bensheim ist ohnehin eine Art Familientreffen der Theaterszene mit etlichen prominenten Gästen, die nach der Pandemie-Zurückhaltung am Abend auch wieder gemeinsam feiern konnten, erstmals im schmuck renovierten Bürgerhaus.
Preis für Titelrolle in „Richard the Kid & the King“
Dazu gab es nach dieser ebenso entspannten wie stimmungsvollen Preisfeier auch guten Grund. Lina Beckmann (41), gerade neu als „Polizeiruf“-Kommissarin und ausgezeichnet für die Titelrolle in Karin Henkels Hamburger Shakespeare-Bearbeitung „Richard the Kid & the King“, war von der mit 10.000 Euro verbundenen Auszeichnung erkennbar gerührt. Dann legte sie einen kurzen Slapstick hin, als zöge das Gewicht des Rings die rechte Hand zu Boden, und dankte nicht nur der „schönsten Jury der Welt“, sondern auch der abwesenden Regisseurin Karin Henkel für die prämierte Arbeit. Als gepeinigtes Kind, das zum Massenmörder wird, zeigt sie Wut, fiesen Humor, Wahnsinn: „Das hat sie in mich reingestopft“, sagte Beckmann, „ich möchte immer, immer so Theater spielen.“
Darauf dürfte sich auch der Schauspielkollege Maik Solbach freuen, dem eine der schönsten Lobreden in der Geschichte dieses Preises gelang. „Es ist ein Riesengeschenk, mit ihr zu proben und zu spielen“, sagte er und erzählte, wie die Schauspielerin in einer Leseprobe das gesamte Ensemble bewegt habe: „Wir alle hatten Tränen in den Augen.“ Solbach beschrieb die „gestalterischen Instinkte“ der Kollegin, rühmte ihre „Kraft, Intimitäten zu vergrößern“, die Direktheit der Sprache und den einnehmenden Witz. Er hatte Beckmann in Bochum kennengelernt, als sie noch auf der Schauspielschule war und schon einen legendärem Ruf als kraft- und humorvolles Temperament genoss. Die erste Begegnung aber war doch überraschend, „nicht der Typ süßes Mädel, sondern eine Königin“, sagte Solbach, „Lina, Du bist eine Wucht!“
Ihre Schwester Maja wäre freilich ebenfalls preiswürdig – das zeigte der kurze Videoausschnitt aus jener Züricher Inszenierung, für die Leonie Böhm den mit 5000 Euro dotierten Kurt-Hübner-Regiepreis erhielt. Die Arbeit mit den Darstellern ist entscheidend für die Regisseurin, analysierte die Dramaturgin Rita Thiele in ihrer Laudatio, in der sie das „scharfgestellte emotionale System“ in den Arbeiten der Preisträgerin beschrieb. Ohne den Wortlaut des Originals zu verändern, finde sie einen „entschiedenen, mutigen, zeitgenössischen Zugriff“ und untersuche die Texte auf Gedanken, die uns heute noch beschäftigen. Dann sind die Schauspieler an der Reihe, sich diesem Prozess zu öffnen, „und wenn es gelingt, ist das Ergebnis sensationell.“ Es war nicht nur der pflichtschuldige Dank, als Leonie Böhm anschließend bekannte, wie wichtig das Ensemble und alle Mitarbeitenden an den Theatern seien: „Einen solchen Preis kriegt man nullkommanull alleine.“
Dieser Inhalt stammt aus einer externen Quelle, der Sie aktiv zugestimmt haben. Ihre Zustimmung ist 24 Stunden gültig. Sollten Sie Ihre Zustimmung vorher widerrufen möchten, können Sie dies jederzeit über den Cookie-Widerruf anpassen.
Es seien Auszeichnungen, die in der gesamten deutschen Theaterlandschaft leuchten, sagte Christine Klein (SPD), Bürgermeisterin der Stadt Bensheim, die gemeinsam mit der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste die Preise vergibt. Hans-Jürgen Drescher, am Samstag als Präsident dieser Akademie wiedergewählt, würdigte ausführlich die Schauspielerin Gertrud Eysoldt (1870–1955) und ihre Bedeutung für die Entwicklung des Theaters als „Kraftwerk einer offenen, demokratischen und pluralistischen Gesellschaft“. Er erwähnte auch den 1981 in Bensheim verstorbenen Kritiker Wilhelm Ringelband, auf dessen Vermächtnis der Preis zurückgeht: „Ihm ist es zu verdanken, dass wir Gertrud Eysoldt heute überhaupt noch kennen.“
Zwischen Reden und Preisverleihungen spielte das famose „Paranormal String Quartet“ aus München, und als Moderator ließ Michael Quast mit ruckendem Kopf eine Friedenstaube gurren.
Der beste seiner vorbereiteten Scherze führte auf den Frankfurter Römerberg. Hunderttausende Menschen, erzählte der Schauspieler, hätten dort am Donnerstag gegen drohende Kürzungen im Kulturetat protestiert, einen großen Pokal als Füllhorn der Musen gefeiert und ihre Gemeinsamkeit durch „Eintracht“-Rufe demonstriert. Diese Kulturrettung ist leider nur ein schöner Spaß, die bittere Diagnose von Quast, der auch Intendant ist, bleibt: „Der Rechtfertigungsdruck auf die Theater steigt. Es geht uns an den Kragen.“