Neugier gehört zum Leben : Neue Bilderbücher

Lust auf Abenteuer im Wald: „Der kleine Fuchs“ heißt das Bilderbuch aus dem Gerstenberg-Verlag, zu dem Marije Tolman die zauberhaften Illustrationen geschaffen hat. Foto: Marije Tolman / Gerstenberg-Verlag

Ein kleiner Fuchs, ein Stein namens Sören und viele Eier sind die Hauptdarsteller in drei neuen Bilderbüchern für Kinder ab drei Jahre.

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. Der kleine Fuchs ist unterwegs, unübersehbar in seinem leuchtenden Neon-Orange. Er hat Lust zu jagen! Zwei Schmetterlingen rennt er hinterher, weil sie lila sind. Dann stolpert er, stürzt – und als er landet, gibt es einen Schlag. Damit beginnt sein Traum.

Da sieht der kleine Fuchs sich wieder in seiner Kinderstube und draußen beim Toben mit den Geschwistern, erinnert sich an den Glaspott, in den er den Kopf gesteckt hatte, der festsaß, bis ein kleiner Junge ihn befreite. Draußen ist derweil der kleine Junge mit dem Fahrrad unterwegs, beobachtet die Tiere ringsum, findet den kleinen, bewusstlosen Fuchs am Boden, nimmt ihn auf, trägt ihn zurück zur Fuchsfamilie. Alles ist gut.

Doch da sind schon wieder die Erinnerungsbilder. Schmetterlinge fliegen. „Denen rennt der kleine Fuchs echt nie, nie mehr hinterher! Sie sind auch nicht lila.“

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Die Bilder von Marije Tolman setzen Zäsuren zwischen Gegenwart und traumhafter Erinnerung. Hier sind es blau-grünstichige Landschaftsfotos von Strand, Dünen und Wald mit feinen, naturgetreuen Vogel- und Tierskizzen, dort die quirligen Erinnerungsszenen des kleinen Fuchses vor weißem oder sandfarbenem Hintergrund. „Neugier ist Todesgier“, so die Mahnung der Fuchseltern. Oder, milder gesagt: Kindliche Neugier gehört zum Leben, aber sie kann gefährlich sein. Das ist die Botschaft dieses bezaubernden Buches. Sie erschließt sich schon kleinen Kindern mit feinem Text und überraschender, doch klarer Bildkomposition wie von selbst.

Sören ist nur ein kleiner grüner Stein. Ein Stein auf einem grauen Fels inmitten der Brandung. Seit endlosen Zeiten ist das so. Sören sieht die Vögel fliegen, sieht, was ringsum im Wasser schwimmt. „Wie komme ich ins Meer?“, fragt er.

Dreihundertfünfundsechzigtausend Sonnenuntergänge und eine Milliarde Regentropfen sieht er. Als er den vierhundertsiebenundzwanzigsten Regenbogen zählt, sagt der Fels: „Du musst warten, bis das Meer zu dir kommt.“

Nach endloser Zeit braust ein Jahrhundertsturm übers Meer, eine der meterhohen Wellen reißt Sören vom Fels. Er sinkt auf den Meeresgrund. Vom Wasser umspült, wird er kleiner, glatt und rund, bis er eines Tages an den Strand gespült und von einem kleinen Mädchen gefunden wird – ein Glücksstein. „Du musst ihn wegwerfen, damit das Glück zu dir kommt“, sagt die Mutter. Das Mädchen zögert, holt aus, wirft. Sören fliegt wie ein Vogel und landet auf einem großen grauen Felsen inmitten der Brandung.

Ruhe strahlt die Erzählung aus. Leise, sparsam, poetisch in Worte gefasst, lässt sie ahnen, dass Zeit viel mehr als die Gegenwart ist, von der ein Kind weiß. Sie lässt Zeit für Träume, die grenzenlos und unendlich sind; offen für alles, für Fantasie, Gedankenspiele und Bilder. Stefanie Harjes ist darin eine Meisterin. Ihre Bilder, eine Mischung aus getuschter Kulisse und Zeichnung, fügen sich in keine Norm. Sie sind wild und bewegt, voller bizarrer, präzise gezeichneter Figuren, die überraschend in Szene gesetzt sind. Ein Bilderbuch, das staunen lässt.

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Vom kleinsten Ei, aus dem ein Rosenköpfchen (aus der Familie der Papageien) schlüpft, bis zum härtesten und größten aller Eier, das einen kleinen Vogel Strauß beherbergt, reichen die Bilder und Erklärungen in diesem kunstvoll gestalteten Band: Die farbig bezaubernden Darstellungen zeigen zuerst nur die Eier, erst beim Umblättern dann die ausgeschlüpften Kleinen mit ihren Eltern.

Naturgetreu bis ins Detail von Federn, Schnäbeln, schuppiger Haut und Panzer sind die Bilder gemalt; dazu Kulissenausschnitte, die Lebensräume erkennen lassen. Knappe Sachtexte liefern ein Minimum an Information: Wer weiß schon, dass aus einem bohnengroßen Ei im Gang unter der Erde ein kleines Schnabeltier schlüpft und dass das Schnabeltier bis auf ein anderes (den Ameisenigel) das einzige Säugetier ist, das Eier legt? Es ist ein liebevoll gestaltetes Bilderbuch, das begeistert, im Detail informiert und Neugierde weckt.