„Westwind“ von Samantha Harvey

1491 in der englischen Provinz: Eine Brücke stürzt ein, ein Dorf ist abgeschnitten. Der örtliche Geistliche soll herausfinden, was passiert ist.

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. In einem kleinen Dorf in der englischen Provinz lässt die Britin Samantha Harvey ihren Roman „Westwind“ spielen (Atrium-Verlag, 382 Seiten, 22 Euro). Im Jahr 1491 ist die ärmliche Siedlung praktisch vom Rest der Welt abgeschnitten. Die einzige Brücke über einen reißenden Fluss ist eingestürzt, und der einzige Bewohner des Dorfes, der einen Wiederaufbau organisieren und finanzieren könnte, ist wohl in den Fluten ertrunken. Der örtliche Geistliche soll herausfinden, was passiert ist, und im Roman erzählt er von seinen Bemühungen. Dabei lässt Harvey ihn ein buntes und differenziertes Bild einer Gesellschaft zeichnen, die aus der Zeit gefallen scheint. Während ringsum die Moderne Einzug hält und ein Jahr später Christoph Kolumbus einen neuen Kontinent entdecken wird, herrscht im Dorf noch tiefstes Mittelalter. Der improvisierte Beichtstuhl wird zum wichtigsten Instrument des Kriminalisten, der sich immer wieder fragen muss, wer eigentlich welche Interessen im Dorf verfolgt. Zusätzlichen Reiz erhält die Erzählung dadurch, dass sie zeitlich rückwärts erzählt wird. Ungewöhnlich für einen Kriminalroman, aber interessant und gelungen.