Lieder von Schumann, Debussy und Wolf mit Ensemblemitgliedern des Staatstheaters Darmstadt: Tiefe Gefühle auf großer Bühne.
DARMSTADT. Wie eine Ergänzung zum Musiktheaterprojekt „Dichterliebe“ am Staatstheater Darmstadt wirkte der Abend „Sehnen und Verlangen“, den Mitglieder des Opernensembles gemeinsam im Großen Haus veranstalteten. Das Motto zitiert das erste Lied aus Schumanns Zyklus und bildet so das Leitmotiv für ein eindringliches Programm, das über Claude Debussy zu Hugo Wolf weiterführt und dem Grundthema von erfüllter und enttäuschter Liebe treu bleibt.
Der aus Korea stammende Tenor David Lee widmet sich den Heine-Vertonungen aus Schumanns Liederjahr 1840, denen der Komponist den Titel „Dichterliebe“ gegeben hat, mit starker Emphase und klarer Artikulation, die Spannweite zwischen inniger Empfindung und bitterer Ironie durchmessend. Am überzeugendsten gelingen ihm die träumerisch-nachdenklichen Passagen wie im Lied „Ich will meine Seele tauchen in den Kelch der Liebe hinein“, während die leidenschaftlichen Gesänge wie „Ich grolle nicht“ etwas forciert wirken. Am Flügel begleitet Neil Valenta mit großem Einfühlungsvermögen und differenziertem Anschlag. Die wunderbaren Nachspiele Schumanns gewinnen unter seinen Händen den Charakter von seelischen Spiegelungen.
Die sechs „Ariettes oubliées“ von Claude Debussy nach Gedichten Paul Verlaines beschwören delikate Naturbilder, in denen das Liebessehnen eine überzeugende Entsprechung findet. Kein Zufall, dass die beiden letzten Lieder jeweils als Aquarell überschrieben sind, denn zarte, changierende Farben prägen diese Kompositionen des jungen Komponisten. Der Sopranistin Karola Sophia Schmid gelingt es mit ihrer klangvollen, ausdrucksstarken Stimme, den inneren Spannungsbogen dieses Zyklus fesselnd zu vermitteln und dabei eine weite dynamische Skala zu durchschreiten. Neil Valenta beweist am Klavier sein Gespür für die feinen impressionistischen Klänge.
Die drei Michelangelo-Vertonungen von Hugo Wolf aus dem Jahr 1897, die letzten Stücke seines großartigen Liedschaffens, beschwören die Vergänglichkeit alles Irdischen, etwa wenn es im zweiten Lied heißt „Alles endet, was entstehet“. Und doch nimmt Wolf im dritten Gesang „Fühlt meine Seele“ einen späten Liebes-Aufschwung. Der koreanische Bass Dong-Won Seo gestaltet diese Lieder hoch konzentriert, mit kraftvoller Stimme und dichter Wort-Ton-Beziehung. So teilt sich der tiefe Ernst dieser Kompositionen eindringlich mit.
Es waren nur wenige Zuhörer gekommen, um diesen poetisch gestimmten Abend zu erleben, der Beifall aber für die vier Interpreten, die am Ende gemeinsam auf der großen Bühne standen, war enthusiastisch.