„Look Long“ heißt das 16. Studioalbum des Frauenduos „Indigo Girls“. Die beiden zeigen sich als burschikose Mädels mit Schönklang.
. Autobiografisch geprägt bis zum Exhibitionismus scheint die Botschaft in „Shit Kickin’“, mit der die „Indigo Girls“, Songwriterinnen-Duo von der US-Ostküste, auf dem Album „Look long“ aufmachen, das jetzt auf dem Folk-Label Rounder (Vertrieb: InAkustik) erschienen ist.
Über „Shit Kickin’ Music“ spötteln Stadtmenschen, wenn Cowboystiefelträger mit rhythmischem Stampfen den Stalldreck aufwirbeln. Hier nun akzentuiert die maunzende Slidegitarre einen Funk-Beat, dazu besingt Amy Ray die seligen Jugendjahre eines kleinen Mannweibes, so bespöttelt von alten Männern, wegen der wenig mädchenhaften Leidenschaft für Pferde, Motorradfahren und Angeln. Und für „Delta Dawn“ – jenen bittersüßen Song, in dem eine Südstaaten-Schönheit an enttäuschter Liebe wahnsinnig wird, nur eines von etlichen Schlüssel-Zitaten dieses Albums. Auch das Titelstück „Look Long“ ist eine Retrospektive – wie es bei allen elf Songs des Studioalbums Nummer 16 der „Indigo Girls“ um Rückblicke oder vertiefte Innenschauen geht (knapp 42 Spielminuten). Der Gesang ist wie gewohnt bei diesem Duo von fast schmerzhaft harmonischen Schönklang, im Hintergrund hört man die virtuose Begleitband, mit der Sinéad O’Connor 1998 bei der rein weiblich besetzten Lilith Fair tourte, wie auch die „Indigos“: „Diese Bekanntschaft war einer der wichtigsten Impulse unseres musikalischen Werdegangs“, sagt Amy Ray.
Seit 1985 firmieren Emily Saliers (Jahrgang 1963) und die eine Jahr jüngere Amy Ray als Songschreiber und Musiker unter „Indigo Girls“, im Alltag sind beide mit anderen Partnerinnen liiert. Entsprechend regenbogenbunt bewegt gerieten viele ihrer Konzerte, so auch in der „Batschkapp“ und der Alten Oper Frankfurt. Obendrein geschätzt sind sie von der linksliberalen Szene wegen ihres politischen Engagements, ein Meilenstein etwa die „Indigo“-Kooperation mit der Sängerin Pink bei „Mr. President“, ein bärenstarker Song, der 2006 den damaligen US-Präsidenten George W. Bush der Homophobie und der Heuchelei bezichtigte.
Nun erinnern die streitbaren Ladies in „When we were writers“ fast ein bisschen selbstironisch an die Zeiten, an denen sie stolz waren, als Künstler akzeptiert zu sein, von der Öffentlichkeit wie auch von Größen des Folkrock-Genres, und als etwa Jackson Browne mit ihnen einen Joint durchzog. „Change my heart“ ragt ein wenig heraus aus dem Sanft- und Schönklang-Rahmen des Albums, erinnert mit aufgeregtem Streichergewusel und nasalem Gitarrenzirpen an die psychedelischen Phasen der „Beatles“ und der „Byrds“.