Beim Konzert in der Darmstädter Musikreihe beeindruckt vor allem Maurice Duruflés klingendes Denkmal für einen gefallenen Freund
DARMSTADT. „Ein bisschen Können, ein bisschen Herz“, so charakterisierte Gioachino Rossini mit gespielter Bescheidenheit seine „Petite Messe Solennelle“, die er im Alter von 71 Jahren komponierte. Mit viel Können und viel Herz sangen auch die Sopranistinnen Lidia Basterretxea Vila (Spanien) und Marina Malavasi (Italien) das Duett „Qui tollis“ aus dieser Messe am Ende des dritten Konzerts beim Internationalen Orgelsommer in der Darmstädter Pauluskirche.
Die Stimmen fügten sich harmonisch zusammen, der Ausdruck reichte von zarter Empfindung bis zu strahlender Kraft. An der Orgel begleitete der italienische Musiker Giulio Mercati mit gebotener Zurückhaltung und feinsinniger Anpassung.
Nicht ganz so delikat gerieten zuvor einige geistliche Gesänge der zur späten Romantik zählenden französischen Meister Gabriel Fauré, Camille Saint-Saëns und Jean-Baptiste Faure. Die Vertonungen von „Ave verum“, „Ave Maria“ und „Crucifix“ erklangen zwar klar und sauber in der Intonation, doch hätte man sich hier eine etwas flexiblere Dynamik gewünscht, vor allem bei Faurés „Maria, mater Gratiae“.
Die Hauptwerke des Abends gestaltete als Solist an der Schuke-Orgel Giulio Mercati, ein vielseitiger Musiker, der nicht nur als Organist, sondern auch als Pianist, Chorleiter, Komponist und Musikwissenschaftler tätig ist. Bei Johann Sebastian Bachs Toccata, Adagio und Fuge C-Dur BWV 564 bewies er technische Souveränität und musikantisches Temperament. Er setzte auf kraftvolle Registrierung, so dass das große Pedalsolo zu Beginn der Toccata besonders eindrucksvoll wirkte. Beim Adagio überraschten die fast schon aggressiven Klänge, so dass der ariose Stil dieses Satzes kaum zum Tragen kam. Die Fuge war weniger tänzerisch als ungestüm und vorandrängend gestaltet.
Den stärksten Eindruck in diesem Programm hinterließ Maurice Duruflés „Prélude et Fugue sur le nom d’Alain“, ein Orgelwerk, mit dem der 1902 geborene Komponist dem nur wenige Jahre jüngeren, im Zweiten Weltkrieg gefallenen Kollegen Jehan Alain ein Denkmal setzte. Mit einiger Mühe rang Duruflé dem an sich „unmusikalischen“ Namen Alain ein fünftöniges Thema ab, das fast wie eine kurze Fanfare wirkt und dem gesamten Opus Rückhalt gibt. Beherrschend ist die große Steigerung, die nach einer Phase der Beruhigung einsetzt und dem Spieler starke Virtuosität abverlangt.
All dies kam in Mercatis glänzender Darstellung eindrücklich zur Geltung. Am Ende gab es lang anhaltenden Beifall für die drei Mitwirkenden und ein weiteres Duett als Zugabe.