Waldbrand in Münster: Rauchwarnung kommt erst Stunden später

Links Nina, die Warn-App des Bundes, rechts HessenWarn vom Land. Letztere hat am Wochenende erst spät die Waldbrandfolgen für Darmstadt gemeldet.  Foto: Sascha Lotz

Die HessenWarn-App hat erst mit großer Verzögerung auf die Auswirkungen des Waldbrands in Münster auf die Stadt Darmstadt reagiert. Nicht zum ersten Mal.

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DARMSTADT. Am vergangenen Sonntagmorgen um 6 Uhr hing über der Kernstadt ein aufdringlicher Brandgeruch. Ein Blick aus dem Fenster zeigte einen Rauchschleier in der Morgensonne. Ein Blick aufs Smartphone mit der HessenWarn-App zeigte: nichts. Erst um 7.49 Uhr wurde für Darmstadt eine Warnmeldung herausgegeben. Sie forderte aufgrund der Wetterlage, die den Rauch des Waldbrands neben dem Muna-Gelände bei Münster nach Darmstadt hineindrückte, dazu auf, Fenster und Türen zu schließen und Lüftungen und Klimaanlagen abzustellen. Fast zwei Stunden später also. Da hatte sich die Lage fast schon wieder normalisiert.

Zuständig für die HessenWarn-App ist das Hessische Innenministerium. HessenWarn basiert technologisch auf dem schon länger bestehenden System Katwarn und ist seit November 2019 der offizielle Warnkanal des Landes Hessen. Ihn nutzen unterschiedliche Sicherheits- und Katastrophenschutzbehörden – Polizei, Feuerwehr, Hessisches Landesamt für Naturschutz, Geologie und Umwelt oder Wetterdienste – für ihre Hinweise. Warum löste HessenWarn die Warnung am Sonntag erst so spät aus?

Innenministerium verweist auf Feuerwehr

Das Innenministerium schob auf Anfrage den Schwarzen Peter der Stadt Darmstadt zu. "Für die Auslösung von Warnmeldungen ist immer die jeweilige Leitstelle zuständig", sagte ein Sprecher. Im Fall des Waldbrandes war dies die Einsatzleitstelle der Feuerwehr Darmstadt-Dieburg. Die habe die Warnung ausgelöst. Dann aber sei es Sache der zuständigen Nachbarkreise und -kommunen, diese Warnung zu bestätigen und weiterzuleiten.

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Darmstadt habe seine Meldung nicht über die HessenWarn-App ausgelöst, sondern über das modulare Warnsystem des Bundes (Mowas) bedient. Deshalb seien die Warnungen verzögert ausgelöst worden. "Das wird sicherlich auch noch mal Thema bei der Nachbesprechung des Einsatzes", sagte der Ministeriumssprecher.

"Aufgrund der hohen Anzahl an Notrufen und Rückfragen, wegen der massiven Rauchsäule aus dem Waldbrand bei Münster sowie der im weiteren Verlauf teilweise erheblichen Verrauchung des Stadtgebietes, hat die Leitstelle der Feuerwehr Darmstadt am Wochenende mehrmals Warninformationen herausgegeben", teilte die Pressestelle der Stadt auf Anfrage mit.

Stadt räumt Verzögerungen ein

Die erste Warnung sei am Samstag um 15.42 Uhr erfolgt. Da am Sonntagmorgen der Rauch stärker in das Stadtgebiet gezogen sei, wurde die Warninformation um 7.49 Uhr erneut herausgegeben, damit alle Bürger informiert seien, heißt es weiter. Da die Geruchsbelästigung am Sonntagnachmittag nicht mehr vorhanden war, seien beide Warnungen um 17.53 Uhr zurückgezogen worden.

Grundsätzlich nutze die Stadt Darmstadt HessenWarn als App, die über die Bedienoberfläche von Katwarn laufe. "Unterstützend verwendet die Leitstelle der Feuerwehr Darmstadt zur Warnausgabe das höherwertige System Mowas (Modulares Warnsystem des Bundes), da diese alle Warn-Apps über Schnittstellen bedient", erläutert die Stadt weiter. "Hierbei kann es teilweise zu zeitlichen Verzögerungen kommen, die wir jedoch nicht beeinflussen können." Wie groß eine mögliche zeitliche Verzögerung in diesem Fall war, sagt die Stadt nicht.

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Mowas speist jedenfalls "Nina", die Warn-App des Bundes. Und "Nina" wirbt damit, innerhalb von 30 Sekunden jede Warnmeldung zu veröffentlichen.

Erst kürzlich hatte es schon einmal Irritationen um den Zeitpunkt einer Warnung über HessenWarn gegeben: als am 12. Juli der Kampfmittelräumdienst bei der planmäßigen Sondierung des Stadtwaldes in der Fasanerie bei Kranichstein einen Blindgänger entdeckte. Schon am Vormittag ging die erste Pressemeldung hinaus, im Laufe des Tages wurde Kranichstein evakuiert, rund 7500 Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen, abends sollte die 250 Kilogramm schwere Fliegerbombe gesprengt werden - und HessenWarn gab erst am späteren Nachmittag eine Meldung aus.

Die Stadt gibt jedenfalls den Tipp, in den Einstellungen der Warn-Apps mit dem Zulassen von Push-Warnungen eine niedrige Informationsschwelle einzustellen und auch die Adressen von Wohnung und Arbeitsstelle einzugeben, damit unabhängig vom derzeitigen Standort auch diese Warnungen ankommen. Der Warnzeitpunkt lässt sich damit allerdings nicht beeinflussen.