Burbach-Verfahren: Verhandlung gegen früheren Heimleiter steht kurz vor dem Abschluss

Der angeklagte Heimleiter und sein Anwalt Lars Leininger im Landgericht in Siegen. Foto: Kaiser/dpa
SIEGEN - Während das Hauptverfahren im Fall der Misshandlungen in einer Flüchtlingsunterkunft in Burbach nach wie vor in Formalien festhängt, steht die abgetrennte Verhandlung gegen den früheren Einrichtungsleiter kurz vor dem Abschluss. Bereits am kommenden Dienstag wird die 1. Große Strafkammer das Urteil sprechen.
Oberstaatsanwalt Christian Kuhli beantragte gestern ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung wegen Freiheitsberaubung und Nötigung. Für den Verteidiger des angeklagten Heimleiters reicht die vorher vereinbarte Untergrenze von einem Jahr als Bestrafung aus. Der Angeklagte hatte erklärt, er habe sich lange und tiefgreifend mit der Thematik beschäftigt und wisse heute, schwere Fehler gemacht zu haben. Was in der Asyleinrichtung geschehen sei, tue ihm aufrichtig leid.
Angeklagter ordnete
die Problemzimmer an
die Problemzimmer an
Ähnliches werde in seinem Leben sicher nie wieder geschehen. Für ihn und seine Familie seien die vergangenen Jahre nicht einfach gewesen: "Ich denke immer, dass alle Menschen den Heimleiter von Burbach in mir sehen. Aber ich bin letztlich auch ein ganz normaler Mensch!" Verteidiger Lars Leininger betonte, dass sein Mandant vor und nach dem Fall Burbach ein ganz normales Leben geführt habe. Der 38-Jährige sei vielmehr fachfremd eingesetzt worden und überfordert gewesen, in einer Situation, die immer schwieriger geworden sei.
Von der Höhe der Strafe abgesehen, sind sich die Beteiligten in der Einschätzung des Angeklagten überwiegend einig. Der Anklagevertreter betonte mehrfach, dass es sich hier um den Hauptverantwortlichen handelt, der wie kein anderer die Möglichkeit gehabt habe, "rechtzeitig die Bremse zu ziehen". Der Heimleiter habe die Einrichtung der sogenannten Problemzimmer angeordnet, gebilligt und geduldet, wirft Kuhli dem gelernten Kaufmann vor. Spätestens im Januar, als er sah, dass abgeschlossen wurde, hätte er einschreiten müssen. Dann seien sicher viele der späteren Vorfälle vermieden worden.
In den meisten Fällen kann dem Angeklagten nur eine mittelbare Schuld nachgewiesen werden. Einige Male war er aber auch direkt vor Ort und hat das Verbleiben der Bewohner im Problemzimmer bejaht. Für die Körperverletzungen sieht der Oberstaatsanwalt allenfalls eine moralische Verantwortung, keine strafrechtliche. Zugleich müsse dem Angeklagten hoch angerechnet werden, dass er Teil eines schwierigen Systems war und sich bereits früh im Verfahren zu seiner Verantwortung bekannt habe.