Es war der Plan der Urgroßväter gewesen, der nicht an den eigenen Profit, sondern auf das Wohl der folgenden Generationen ausgerichtet war: Fichten für schnell wachsendes Bauholz zu pflanzen. Dieser Plan ist nun nicht aufgegangen: Dürre und Borkenkäferplage haben dafür gesorgt, dass im Wald so schnell nicht wieder Erlöse erzielt werden können.
Von Frank Rademacher
Redakteur Dillenburg
Gewaltige Schneise: Tausende von abgestorbenen Fichten mussten im Dietzhölztaler Gemeindewald gefällt werden. Foto: Frank Rademacher
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DIETZHÖLZTAL-EWERSBACH - Dietzhölztal-Ewersbach"Bis Gasse alles weg", steht mit roter Sprühfarbe auf dem vom Borkenkäfer gezeichneten Stamm. Die knappe Anweisung an die Waldarbeiter hat den Forst zwischen Ewersbach, Mandeln, Sohl und Rittershausen auf eine nicht gekannte Weise verändert. Kilometerlange und über 100 Meter breite Schneisen klaffen nun im Wald, wo vor Monaten noch 80 bis 130 Jahre alte Fichten standen.
Es war der Plan der Urgroßväter gewesen, der nicht an den eigenen Profit, sondern auf das Wohl der folgenden Generationen ausgerichtet war: Fichten für schnell wachsendes Bauholz zu pflanzen - "schnell" freilich nur nach forstlichen Maßstäben. Die mächtigen Fichten, von denen es im Revier von Förster Hubert Schier besonders viele gibt - jetzt muss man wohl sagen: gab -, waren im besten Erntealter. Gerade gewachsen, ohne viele Äste, ganz nach dem Geschmack der Säger und Zimmerleute.
Aber zwei trockene Jahre haben die Pläne der Urgroßväter zunichtegemacht. Weil in ganz Mitteleuropa Dürre und in der Folge Borkenkäfer die Fichten zu Millionen absterben lassen, kann man nur noch mit den vormals besten Chargen etwas Geld verdienen. "Apokalyptisch" sagt Jochen Arnold, der Leiter des Herborner Forstamtes, zu der Situation im Wald.
Das Revier von Hubert Schier in Dietzhölztal hat es besonders getroffen, weil hier im Hochwald der Anteil der Fichten mit 90 Prozent extrem hoch ist. Weil die Bäume hier auf Grauwacke und Tonschiefer mit einer vergleichsweise dünnen Humusschicht wachsen, hat ihnen die Dürre besonders zugesetzt. Das Gestein hält nur schlecht die Niederschläge.
Allein im Gemeindewald haben Schier und seine Kollegen aus den Nachbarrevieren, die zur Unterstützung ins Dietzhölztal gekommen waren, in diesem Jahr mehr als die achtfache Menge des normalen Jahreseinschlags noternten lassen. Nimmt man Staats- und Haubergswald noch hinzu, kommt der zehnfache Jahreseinschlag zusammen.
Und die weiteren Aussichten sind kaum besser: "Wenn wir am Ende ein Drittel der Fichten retten können, wäre das gut", sagt Forstamtsleiter Arnold und fügt gleich noch einen Wunsch hinzu, der Voraussetzung wäre, damit das mit der Rettung klappen könnte: "Von mir aus könnte es den ganzen Winter durchregnen."
Trotzdem warfen Arnold und Schier im Bau- und Umweltausschuss des Dietzhölztaler Gemeindeparlaments schon mal einen Blick in die Zukunft. "Wir werden ein bisschen experimentieren müssen", umschrieb Arnold die nicht ganz leichte Aufgabe der Wiederaufforstung.
"Über die nächsten Jahre wird es keinen Überschuss geben", machte Hubert Schier deutlich, dass mit Einnahmen aus dem Gemeindewald erst mal nicht zu rechnen ist. Dafür werden die Preise für das Pflanzgut aufgrund der riesigen Nachfrage kräftig nach oben gehen. Der Neustart im Wald wird also nicht ganz billig werden.
Mit dem Aufforsten zu warten und die Aufarbeitung der abgestorbenen Bäume einzustellen, um die Waldwege wieder instandsetzen zu können, die zuletzt stark gelitten haben, sei keine gute Alternative, erklärte Arnold. Das gehe vielleicht ein Jahr lang gut, dann aber werde es gefährlich, weil die Fichten umzustürzen drohten.
"Jeder Baum, den wir jetzt noch aus dem Wald kriegen, spart uns in den nächsten Jahren Geld", mahnte Revierförster Schier an.
Und die Kosten für die Sanierung der Wege müssten unter den Waldbesitzern aufgeteilt werden. Diese hatten das in den vergangenen Jahren immer aus den erwirtschafteten Überschüssen bezahlt.
Bis es allerdings wieder Erlöse geben kann, werden vielleicht zehn Jahre oder mehr ins Land gehen.