Unfassbare Verbrechen kann man nicht gänzlich verstehen, aber Gedenkstättenpädagogik kann versuchen, sie "anfassbar" zu machen - manchmal im wörtlichen Sinne. Eine Projektgruppe der WvO hat das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald besucht. Foto: WvO
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DILLENBURG/WEIMAR - Auf dem Ettersberg unweit von Weimar, der Stadt Goethes und der ersten deutschen Demokratie, ließ die SS im Sommer 1937 ein Konzentrationslager errichten. Eine Projektgruppe der Wilhelm-von-Oranien-Schule (WvO) Dillenburg hat sich vor Ort umgesehen - und viel über die Verbrechen der Nationalsozialisten gelernt.
Das Lager diente der Ausschaltung von Gegnern der NS-Diktatur. Darunter verstand das Regime alle, die es aufgrund der Ideologie aus der "Volksgemeinschaft" ausschloss. Die SS wies den Menschen eine Kategorie zu, wie beispielsweise politische Oppositionelle, Zeugen Jehovas, Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, "Asoziale" oder Berufsverbrecher.
Kamen die Inhaftierten zu Beginn aus dem Deutschen Reich, wurden ab Kriegsbeginn 1939 Menschen aus ganz Europa - Kleinkinder von zwei Jahren bis 80-Jährige - in das Lager verschleppt. Insgesamt wurden im Lager Buchenwald und den 139 Außenlagern bis 1945 fast 280 000 Menschen unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert. Einen Teil dieser Fakten zur NS-Vergangenheit lernen Schüler im Geschichtsunterricht. Für alle Interessierten, die sich in einem Gedenkstättenseminar näher mit dem Thema auseinandersetzen wollen, bietet die WvO eine Fahrt in die Gedenkstätte Buchenwald an.
Dieses Jahr nahmen 25 Oberstufenschüler, begleitet von den Geschichtslehrkräften Sarah Eckstein, Marcel Manderbach und Kerstin Renkhoff, an der dreieinhalbtägigen Exkursion teil. Zum pädagogischen Programm gehören Vorbereitungsseminare vor der Fahrt, Führungen in der Gedenkstätte und in Weimar durch einen Gedenkstättenpädagogen, praktische Arbeiten in der Restaurierungswerkstatt und bei Ausgrabungen im Gelände sowie pflegerische Arbeiten zum Erhalt der Gedenkstätte.
Ein wichtiger Programmpunkt ist die eigene Recherche und Präsentation eines selbst gewählten Themas. Darin steckt für die Schüler ein Mehrwert. "Ja, man lernt zwar in der Schule viel zum Thema NS, es wirkt aber alles so fremd. Wirkliches Verständnis erfährt man erst vor Ort", so eine Schülerin.
Die Auseinandersetzung mit Einzelheiten und persönlichen Schicksalen machen die Zahlen und Fakten aus dem Geschichtsbuch und dem Unterricht erst annähernd begreiflich und stimmen nachdenklich: Wie konnten Menschen anderen Menschen solches Leid antun? Wie können derartige Verbrechen in Zukunft verhindert werden? Wie kann es sein, dass auch heute noch Menschen andere Menschen ausgrenzen? Und warum gibt es immer noch Menschen, die die Ideen der Nationalsozialisten teilen?
"Die Fahrt in die Gedenkstätte kann einige Fragen, die im Geschichtsunterricht offengeblieben sind, beantworten. Darüber hinaus fördert sie die Einsicht, dass jeder Einzelne einen Beitrag dazu leisten muss, die Errungenschaften eines Rechtsstaates zu schützen und eine Wiederholung von Verbrechen wie in der NS-Zeit zu vermeiden", heißt es als Fazit in der Mitteilung der WvO.