Junge Flüchtlinge berichten aus ihrem Leben
ESCHENBURG-WISSENBACH Eschenburgs Bürgermeister Götz Konrad (parteilos) hat ein Versprechen eingelöst und die Wohngruppe "Breitewies" in Wissenbach besucht. Dort leben unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.
Bei Kaffee und Waffeln kommt der Rathaus-Chef mit den jungen Leuten und deren Betreuern am Donnerstagnachmittag schnell ins Gespräch. 15 Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren, die aus Eritrea, Somalia, Syrien, Afghanistan und dem Kosovo stammen, sind um den Tisch versammelt. Mancher verhält sich eher scheu, andere sind bereits recht wortgewandt und beherrschen die deutsche Sprache schon gut. Das Gespräch dreht sich um Themen, die junge Menschen interessieren: Fußball und Volleyball zum Beispiel. Der Bürgermeister erfuhr, dass einige der jungen Menschen bereits in Vereinen sportlich aktiv sind. Da passte das Geschenk, das er mitgebracht hat, prima: eine Gruppentageskarte für das Freizeitbad "Panoramablick" in Eibelshausen.
Zusammenleben klappt gut
Konrad bekommt Einblicke in unterschiedliche Lebenswege. Adel, ein 15-Jähriger aus Eritrea, berichtete von seinem Praktikum und was er dabei gelernt hat. Der junge Eritreer besucht eine Realschulklasse der Holderbergschule in Eibelshausen. Seine Aussichten, in Deutschland richtig anzukommen und eine Erfolg versprechende Zukunft zu haben, sind gut.
Das geht nicht jedem in der Tischrunde so. Ein Jugendlicher aus dem Kosovo, gerade 18 Jahre alt, wird in den nächsten Tagen Deutschland verlassen müssen. Acht Monate war er hier, fünf davon in der Einrichtung in Wissenbach, erzählt er. Nun gehe es ihm richtig schlecht.
Konrad berichtet den jungen Menschen etwas über die Geschichte Wissenbachs. Wer aktuell von einer Flüchtlingskrise rede, solle sich die Zahlen vor Augen halten, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1953 in der Wissenbacher Chronik genannt wurden: "Der Ort, der damals weniger als 1000 Einwohner hatte, nahm 358 Personen auf", erzählte der Bürgermeister. Dann wandte er sich direkt an die jungen Menschen: "Uns ist klar, dass Ihr nicht zum Spaß hier seid, sondern gute Gründe für eine Flucht hattet."
Acht Betreuer sind in der Einrichtung "Breitewies" tätig. Auch sie berichteten dem Bürgermeister von ihren Erfahrungen. "Wir haben Moslems und Christen unter einem Dach, und es klappt gut", sagt Judith Jungwirth. Sie arbeitet in der Bereitschaftsleitung für stationäre Hilfe des St. Elisabeth-Vereine, unter dessen Trägerschaft sich die Wohngruppe in Wissenbach befindet.
Auch das Zusammenleben mit der Nachbarschaft gestalte sich durchweg gut. Künftig wolle man Willkommensfeiern initiieren, damit die Nachbarschaft Neuankömmlinge besser kennen lernen könnte. "Wir freuen uns aber auch sonst über Besuch", betont Kathrin Schwehn, die gemeinsam mit Nicole Frank die Gruppenleitung hat. Auf ihre Frage, wie viele Asylbewerber aktuell in Eschenburg leben, konnte der Bürgermeister nur eine vorläufige Antwort geben. "Bis vor wenigen Tagen waren es 84, derzeit kommen weitere hinzu. Demnächst werden wir voraussichtlich 120 bis 130 Flüchtlinge in unserer Kommune haben", antwortet er. Es würden Überlegungen laufen, erklärt er, ob nicht eine Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis "Offenes Dietzhölztal", der sich in der Nachbarkommune um Flüchtlinge kümmere, sinnvoll sei. (uju)