Die ärztliche und pflegerische Versorgung auf dem Land soll mit einem länderübergreifenden Förderprojekt "Digitale Modellregion Gesundheit Dreiländereck" sichergestellt werden. Das in den Haigerer Ausschüssen diskutierte Programm wurde letztlich von der Stadtverordnetenversammlung einstimmig verabschiedet.
HAIGER - Die ärztliche und pflegerische Versorgung auf dem Land soll mit einem länderübergreifenden Förderprojekt "Digitale Modellregion Gesundheit Dreiländereck" sichergestellt werden. Das in den Haigerer Ausschüssen diskutierte Programm wurde letztlich von der Stadtverordnetenversammlung einstimmig verabschiedet.
Den Anfang genommen hatte das Förderprojekt im Kreis Siegen-Wittgenstein. Als dann Jens Spahn Siegen besuchte, regte der Gesundheitsminister an, diese Idee über die Ländergrenzen hinaus auf den Weg zu bringen, um so Fördermittel des Bundes erhalten zu können. So kamen Rheinland-Pfalz (Landkreis Altenkirchen) und Hessen (Lahn-Dill-Kreis) mit ins Boot. Zusammen wurden zehn Themenschwerpunkte festgelegt.
In Haiger wurde ein Projekt mit vier der fünf im Stadtgebiet niedergelassenen Allgemeinmedizinern initiiert, das unter anderem mit patientenbezogenen digitalen Gesundheitsdaten arbeitet, um eine bessere Diagnose und Behandlung zu ermöglichen. Bei einer "Digitalen Arztpraxis" erhoffen sich die Organisatoren eine 25-prozentige Einsparung an Behandlungszeit, sodass mehr Zeit für mehr Patienten übrig bleibt.
Die Nachbarkommune Burbach, so Haigers Bürgermeister Mario Schramm, sei mit der Forschungsgruppe der Uni Siegen schon etwas weiter. Beim "Digitalen Patienten" würden Daten verschlüsselt weitergegeben. Der Bürgermeister kann sich eine Kombination aus digitalem Patienten und digitalem Arzt vorstellen.
Gesamtprojekt kostet zehn bis zwölf Millionen Euro
Andreas Steiner (FWG) bremst die Erwartungen ein wenig. Der Mediziner, der selbst in diesem Projekt aktiv ist und der bei der abschließenden Abstimmung zusammen mit seiner Ehefrau Susanne den Sitzungssaal verließ, sieht nur längerfristig eine Erfolgschance: "Es hilft uns nicht in einem halben Jahr, auch nicht in einem Jahr - zunächst macht das nur Arbeit." Hinterfragt werden müsse, wie hoch die Akzeptanz auf dem Land sei. Steiner sagte weiter: "Inwieweit die komplexen Systeme, die jetzt auftauchen, wieder Landarztpraxen interessant machen, steht noch im Raum." Es sei ein Forschungsprojekt und kein Patentrezept.
Für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Peter Hornof ist es "ein logischer Schritt, den die Ärzte jetzt gehen müssen". Für Siegfried Kilian (SPD) ist die Digitalisierung im Gesundheitswesen "alternativlos". Bürgermeister Schramm sieht in einer erfolgreichen Umsetzung des digitalen Arztes eine Standortchance.
Für das Gesamtprojekt sind für die nächsten Jahre Kosten in Höhe von zehn bis zwölf Millionen Euro veranschlagt. Im Frühjahr kommenden Jahres soll der entsprechende Förderantrag beim Gemeinsamen Bundesausschuss gestellt werden. Die Höhe der Kosten für die Stadt Haiger können laut Bürgermeister derzeit noch nicht genau beziffert werden. Genaue Zahlen sollen in den jeweiligen Haushalt einfließen.
Zu dem Thema hatten sich Ende September Vertreter aus allen beteiligten Regionen getroffen. "Lösungsfindung, Innovationen und Ideenaustausch dürfen nicht an Ländergrenzen gebunden sein, denn der drohende Ärztemangel ist ein Problem, das alle ländlichen Regionen in Deutschland betrifft", erklärte Landrat Dr. med. Peter Enders aus Altenkirchen zu Beginn der Konferenz. Ähnliche Worte fand Landrat Wolfgang Schuster aus dem Lahn-Dill-Kreis: "Wenn wir uns zusammenschließen, haben wir größere Chancen, dass unsere Projekte gefördert werden. Und da machen wir in Hessen natürlich mit, denn wir stehen ebenfalls vor der Herausforderung: ,Viel Land, wenig Leute'. Viele Ärzte stehen kurz vor dem Ruhestand - und darauf müssen wir reagieren."
Arno Wied, Dezernent für Bauen, Umwelt und Wirtschaft vom Landkreis Siegen-Wittgenstein schloss sich seinen Vorrednern an: "Es ist richtig, dass wir uns angesichts der Gefährdung der ärztlichen Versorgung gemeinsam und die Ländergrenzen übergreifend auf den Weg machen und überlegen, was wir gemeinsam tun können. Die Initiative Dreiländereck, die eine Art Versorgungsallianz ist, ist ein wichtiger und richtiger Beitrag."