Herborner Parteien kritisieren Äußerungen auf Corona-Demos
Sie verurteilen „völlig unangebrachte Vergleiche“ mit Diktaturen und einem Pogrom auf Demos: Parteien und Wählergruppen aus Herborn werben für Solidarität in der Pandemie.
Von Christian Hoge
Redakteur Dillenburg
In Herborn wollen mehrere Parteien und Wählergruppen das, was auf Corona-Demos verbreitet wird, nicht unwidersprochen stehenlassen.
(Foto: Katrin Weber)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
HERBORN - Deutliche Worte aus der Herborner Lokalpolitik: Fünf Parteien und Wählergruppen kritisieren Äußerungen auf Corona-Demos und rufen zu Solidarität in der Pandemie auf.
Unterzeichnet haben die Stellungnahme die Vorsitzenden Ramin Behnam (SPD), Lukas Winkler (CDU), Thea Garotti (Grüne), Kurt Meinl (SGH) und Marcel Becker (FDP).
Die Corona-Pandemie wird in dem Statement als große Herausforderung beschrieben. Besonders Familien, Kinder und Jugendliche, aber auch ältere Menschen mit und ohne Behinderungen seien von den Einschränkungen betroffen. Unter diesen litten auch Kulturschaffende, Gastronomie und Einzelhandel.
Vergleich mit Diktatur ist „völlig unzutreffend“
Und weiter: „In Kliniken und Pflegeheimen gehen Ärztinnen und Ärzte sowie das Gesundheits- und Pflegepersonal tagtäglich bis an ihre Grenzen und darüber hinaus, um an Corona Erkrankten zu helfen und im Rahmen der erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen den regulären Betrieb weiter am Laufen zu halten.“
Es gelte, „zusammen zu halten, Solidarität zu üben, achtsam und umsichtig zu sein, Rücksicht zu nehmen, nachsichtig zu sein“. Nicht jeder Weg habe sich als zielführend herausgestellt. Dennoch sei klar, „dass die Verantwortlichen auf allen Ebenen mit allen rechtsstaatlichen Mitteln versuchen, das Beste zu tun und gesundheitlichen Schaden von den Menschen abzuwenden.“
Man habe Verständnis für Fragen und Unsicherheiten. „Jede und jeder muss sich aber fragen lassen, ob sie wirklich hinter den auf den Demonstrationen kundgetanen Äußerungen (Stichwort: ‚Corona-Diktatur‘, ‚Ende der Meinungsfreiheit‘ etc.) oder historisch völlig unangebrachten Vergleichen (zum Beispiel mit der ‚Bartholomäusnacht‘ gegen die Hugenotten 1572) stehen, die in den vergangenen Wochen gemacht wurden.“ Die „Bartholomäusnacht“ war ein Pogrom in Frankreich mit Tausenden Toten.
Die Lokalpolitiker bezeichnen Plakate, auf denen von einer „Corona-Diktatur“ die Rede sei, als „völlig unzutreffend“. Mit „großem Unverständnis“ habe man „die als Spaziergänge deklarierten Demonstrationen“ erlebt. Abstandsregeln und Maskenpflicht seien nicht immer eingehalten worden. Die Aktion „Herborn steht auf“ vertrete „lediglich eine Minderheit der Herbornerinnen und Herborner“. Es sei aber ein „Zeichen einer funktionierenden Demokratie“, wenn für Meinungen von Minderheiten demonstriert werden könne.
Die fünf Herborner Parteien und Wählergruppen verweisen auch auf die Teilnahme Rechtsextremer an Demos in anderen Städten – etwa in Wetzlar. Die Beteiligten müssten sich fragen, ob man „für andere Zwecke und Ziele instrumentalisiert“ werde.
Die gemeinsame Stellungnahme von SPD, CDU, Grünen, SGH und FDP endet mit dem Aufruf zum „friedlichen Miteinander, zu Dialog und Austausch“ – und mit einer Bitte: „Lassen Sie sich bitte impfen. Nur dies gewährt einen Schutz vor schweren Infektionen und schützt uns alle.“