Die Totenehrung des HGV Neu-Anspachs war dieses Mal besonders lang, da der Verein in zwei Jahren von vielen bekannten Gesichtern Abschied nehmen musste
NEU-ANSPACH. Dass bei Jahreshauptversammlungen den verstorbenen Vereinsmitgliedern gedacht wird, ist allgemein üblich und meist werden mit einer Schweigeminute die Toten noch einmal geehrt. Beim HGV (Heimat- und Geschichtsverein) war nun die Totenehrung ein ganz besonderer, ausführlicher, sehr persönlicher und teils emotionaler Teil. "Sie fällt diesmal besonders tiefgreifend aus, da die Verstorbenen nicht nur für den Verein, sondern vor allem auch für das Gemeinwohl unserer Stadt von nicht unwesentlicher Bedeutung waren", betonte Vorsitzender Heinz Henrici in einer sehr emotionalen Rückschau auf die Menschen, die seit der letzten Jahreshauptversammlung (coronabedingt vor zwei Jahren) verstorben waren, aber eben viele Spuren ihres positiven Wirkens hinterlassen.
So seien die Gebrüder Hans-Albert und Herbert Jack besonders erwähnenswert. Hans-Albert war künstlerisch sehr begabt und hat sein Können bei den Veranstaltungen des HGV oft bewiesen. Als Texter und Sänger der "Dippegucker" hat er sich über seinen Tod hinaus verewigt. Seine Lieder sind heute noch die "Gassenhauer" beim Auftreten dieses Chores mit besonderer heimatbezogener Note. Einige Monate nach dem Tod von Hans-Albert starb 2019 plötzlich dessen jüngerer Bruder Herbert Jack. Schon in jungen Jahren war er Mitglied der Gemeindevertretung. Als die Bevölkerung des Stadtteils Anspach den Wunsch hatte, auch auf dem alten Friedhof eine adäquate Trauerhalle zu bauen, war Herbert bereit, zusammen mit Hartmuth Henrici dieses Projekt ehrenamtlich zu begleiten. Seine guten Beziehungen zur "Voba" haben auch dazu geführt, dass diese Bank mit einigen Spendenaktionen maßgeblich bei der Finanzierung geholfen hat.
Jürgen Trybek war über zwanzig Jahre ehrenamtliches Vorstandsmitglied der evangelischen Kirche. Nach einer schweren Kopfoperation war er ein zuverlässiger Verteiler des evangelischen Kirchengrußes. Die Organisation der Jahrgangstreffen war bis zu seiner Erkrankung eine Herzensangelegenheit. Kurios ist die Tatsache, dass Jürgen exakt ein Jahr nach seiner Frau Christel verstarb, die wie er an der Geschichte der Stadt stets großes Interesse zeigte, so wie auch seine Schwägerin Doris Schmidt, die vier Monate nach Jürgen verstarb.
Mit Emil Jäger hat nicht nur der HGV ein überzeugtes Mitglied verloren, er war auch in der SGA, in jungen Jahren bei den Fußballern und im Spielmannszug aktiv. Beim Aufbau des Musikzuges, der auch dem HGV nahesteht, hat er als sehr guter Flügelhornspieler maßgeblich mitgeholfen. Er war bis kurz vor seinem Tod ein bedeutender Musiker.
"Der Tod von Margot Henritzi hat uns schwer getroffen, da der HGV mit ihr eine Person verlor, der wir sehr viel zu verdanken haben. Als Fassenachterin war sie eine Institution zusammen mit ihrer Freundin Heidrun Röhrig. Diese Veranstaltungen führten über einen Zeitraum von zwölf Jahren zu einem bedeutenden Mitgliederzuwachs. Das werden wir nicht vergessen", zeigte sich Henrici traurig.
Auch der Tod von Erhard Weidner sei für alle ein Schock gewesen. Nach seinem Ausscheiden als Geologe aus dem Dienst des Innenministeriums war es für ihn eine Selbstverständlichkeit, sein Wissen und auch seine Hilfsbereitschaft dem HGV zukommen zu lassen. Er war nicht nur eine große Hilfe beim Aufbau des Archivs, sondern hat noch ein Jahr vor seinem Tod in einem Lichtbildervortrag veranschaulicht, wie er zusammen mit einem großen Forscherteam im Auftrag der Weltbank in Nepal den Bau einer der größten geplanten Staudämme verhinderte und vielleicht eine riesengroße Überschwemmung des benachbarten Bangladeschs verhinderte. Nebenbei belehrte er die verarmte Landbevölkerung dahingehend, die Vorteile künstlicher Düngemittel mit Erfolg einzusetzen. Das Fazit dieser Veranstaltung war: "Klimaschutz ist Heimatschutz".
Auch Emmi Weddigen, die ehemalige Eignerin der gleichnamigen Buchhandlung, war für den HGV von Beginn an eine große Hilfe. Sie hat seit Gründung des HGV als unentgeltliche Unterstützung den Verkauf aller Buchveröffentlichungen des HGV übernommen. Emmi war auch viele Jahre Vorsitzende der Frauenhilfe und aktives Mitglied des evangelischen Kirchenchores. Die von ihr ins Leben gerufenen jährlichen Buchausstellungen, wie auch die vielen Dichterlesungen in ihrem idyllischen Zuhause waren und sind bis heute kulturelle Highlights. "Dass sie sich für Frau Schwarze als exzellente Nachfolgerin entschieden hat, kann man als Geschenk für unser Gemeinwohl bezeichnen", kommentierte Henrici.
Ein schwerer Verlust für den HGV war der viel zu frühe Tod von Erich Heuss. Er war Gründungsmitglied des HGV und in den ersten Jahren auch im Vorstand aktiv und ein den Anspacher Vereinen stets hilfreich zur Seite stehender Historiker der Stadt. Er war auch eine große Hilfe für Prof. Dr. Eugen Ernst, wenn er mit seinem selbst aufgebauten Archiv gerne weiterhelfen konnte. Auch sein Engagement bei handwerklichen Einsätzen, wie die vielen Einsätze beim Aufbau des Archivs oder bei der Renovierung der Brunnen im Anspach, war vorbildlich und von Heimatverantwortung geprägt. Erich hatte stets gute Ideen, den HGV weiterzuentwickeln. Besonders hervorzuheben sind auch seine bebilderten Beiträge in den Jubiläumsschriften vieler Anspacher Vereine, wobei ihm als Tischtennisspieler diese Sparte besonders am Herzen lag.
"Dass uns unser Freund Jürgen Haag so relativ früh und unverhofft verlassen hat, hat uns allen wehgetan", trauerte Henrici um einen weiteren Weggefährten. Obwohl er seinen Wohnsitz nach Usingen verlegte, war er mit seinem Herzen stets ein Anspacher geblieben. Die Identifikation mit seiner Heimatgemeinde und das Wirken des HGV veranlassten ihn, den Verein auch über die Stadtgrenzen hinaus zu unterstützen. Er ist als Fußballer seiner Generation heute noch unvergessen, musste sich allerdings relativ früh, beruflich bedingt, als Fliesenlegermeister seinem Geschäft widmen und sich schweren Herzens vom aktiven Sport zurückziehen.
"Wer kannte in Neu-Anspach nicht Erhard Planz", stellte Henrici die rhetorische Frage. In jungen Jahren war er Mitglied der Gemeindevertretung, danach war er über 25 Jahre Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr. Erhard war nicht nur bei den Mitarbeitern und Vorgesetzten im Hessenpark beliebt, sondern auch bei den Besuchern, die seine Hilfsbereitschaft und sein Wissen sehr schätzten. Er war von Natur aus ein humorvoller Mensch. Mit seiner ureigenen, nicht kopierbaren Komik, war er wohl einer der besten Büttenredner in Neu-Anspach und wurde auch in Wehrheim Ehrenmitglied der "Limeskrätscher". Mehr als 25 Jahre war er aktives Mitglied des HGV. Seine Beiträge, ob als Vortrag, gesprochen oder gesungen zusammen mit seiner Frau Rosi und anderen, bleiben wohl unvergessen. Das hat er beim HGV sowohl bei der "Fassenacht wie's früher einmal war" als auch bei den vielen Heimat- und Mundartabenden, immer wieder unter Beweis gestellt. "Mit ihm zusammen haben wir den Verein ein schönes Stück nach vorne gebracht. Er bleibt unvergessen", so Henrici. Vor einem Monat Leo Stowasser verstorben. Leo unterstütze die Aktivitäten des HGV sehr und begleitete schon seit jungen Jahren als Jagdgehilfe für einige Jagdpächter in den umgebenden Wäldern eine sehr nützliche ehrenamtliche Funktion. "Nicht nur der HGV, sondern unser geliebtes Neu-Anspach als Ganzes hat mit dem Heimgang der Verstorbenen schwere Verluste erlitten. Wir haben echte Freunde verloren", betonte Henrici sichtbar bewegt.