Orkan, Trockenheit und Borkenkäfer haben die Holzernte der nächsten Jahre vorweggenommen. Der Verein WaldLiebe Waldschutzprojekt Neu-Anspach zieht in seiner Hauptversammlung...
. Neu-Anspach (sai). Die erste Bilanz nach rund acht Monaten seit der Verein WaldLiebe Waldschutzprojekt Neu-Anspach e.V. aktiv ist, kann sich sehen lassen: 117 Mitglieder, knapp 11000 Euro Einnahmen, davon über 9000 Euro allein aus Spenden und Sachspenden, weshalb bereits mehr als 10000 Baumsetzlinge gepflanzt und mit Verbissschutz versehen werden konnten. Die Resonanz auf das Waldschutzprojekt sei enorm und das zeige, wie wichtig den Bürgern ihr Wald sei, betonte Vorsitzender Bernd Reuter bei der ersten Mitgliederversammlung am Montagabend im Bürgerhaus. Und auch die Beteiligung der (trotz der coronabedingten Einschränkungen) über 30 anwesenden Mitglieder zeigte, dass das Interesse hoch ist. Schließlich hat sich der junge Verein dem Schutz, der Erhaltung und der positiven nachhaltigen Entwicklung des Neu-Anspacher Waldes verschrieben.
Wie bitter nötig das ist, zeigten eindrucksvoll die Fotos, die eine Gruppe von Fotografen während der letzten Monate im Wald gemacht hat. Hans-Jürgen Baumann, Karl-Alwin Hiller, Harald Kalbhenn, Anne Killat und Hartmut Stamm dokumentierten den Zustand des Waldes mit den inzwischen durch Borkenkäferplage, Trockenheit und Stürme verursachten Kahlschlägen von rund 150 Hektar. Auch der Waldbericht von Revierleiter und 2. Vorsitzenden Christoph Waehlert zeichnete ein erschreckendes Bild. In 2019 und dem ersten Halbjahr 2020 seien rund 50000 Festmeter Holz, vor allem Fichte, eingeschlagen worden. Das entspreche rund zwölf Prozent der gesamten Neu-Anspacher Waldfläche. Rund 2800 Festmeter Holz liege allein noch vom Vorjahr auf Halde, rund 1000 Festmeter seien Sturmtief "Sabine" zum Opfer gefallen. "Wir haben schon für die nächsten acht Jahre Holz geerntet", zeigte Waehlert die Ausmaße auf.
Weil alle Waldbesitzer mit denselben Problemen zu kämpfen haben, seien die Holzpreise auf historischem Rekordtief. Die Sägewerke im ganzen Land seien total überlastet. Die Folge: Statt der üblichen rund 65 Euro pro Kubikmeter würden aktuell nur noch vier Euro bezahlt. Für Neu-Anspach bedeute das Mindereinnahmen von mehr als drei Millionen Euro. Und ein Ende der Totalausfälle, nicht nur bei den Fichtenbeständen, sei noch lange nicht in Sicht, im Gegenteil. Die Borkenkäferpopulation sei auf Rekordniveau. Erste Schädigungen seien inzwischen auch bei anderen Baumarten zu beobachten, darunter Buchen, Eichen, Lärchen und Kiefern.
Auch wenn es in den letzten Tagen nicht danach aussah: 2020 war erneut viel zu trocken. Zum Glück seien die Esskastanien, die bei der ersten öffentlichen Pflanzaktion des Vereins im November oberhalb des Hessenparks angepflanzt wurden, gut angegangen. Das mache Mut für weitere Aktionen. Das Forstteam weitere Aufforstungen mit rund 10000 Setzlingen verschiedener Baumarten vorgenommen, unter anderem Schwarzerle, Flatterulme, Spitzahorn, Speierling, Elsbeere, Wildkirsche, Esskastanien, Baumhasel, Walnuss, Roteiche, Weißtanne und Douglasie. Diese Baumarten werden mit den zu erwartenden trockenen und heißen Sommern besser klarkommen, hofft der Verein. Um eigenes Saatgut und eigene Setzlinge zu erhalten, ist der Bau von zwei städtischen Forstpflanzgärten geplant, was eine Reihe von Vorteilen bietet, wie zum Beispiel die Unabhängigkeit von Forstbaumschulen (in ganz Europa steigt der Bedarf von Saatgut), aber auch eine bessere Anpassung der Setzlinge an das örtliche Klima und den Boden mit einer geringeren Ausfallrate. Der RP Darmstadt zugelassen, in den Wäldern Hausen und in Rod am Berg die Samen der Douglasienbestände abzuernten. Selbst aus Samen die neuen Bäume im Neu-Anspacher Wald zu ziehen, dazu sind die Bürger aufgerufen. Samen von Weißtannen wurden nicht nur bei der Mitgliederversammlung verteilt, auch interessierte Bürger dürfen sich im Rathaus Tannensamen (mit Saatanleitung) abholen. Denn klar sei auch: "Wir können die Kahlflächen nicht sich selbst überlassen, sie versteppen sonst", so Waehlert.