Wanzen haben einen denkbar schlechten Ruf, sind doch die Blut saugenden Bettwanzen meist die einzigen Insekten, die unter dieser Bezeichnung bekannt sind. Allenfalls noch...
USINGEN. Wanzen haben einen denkbar schlechten Ruf, sind doch die Blut saugenden Bettwanzen meist die einzigen Insekten, die unter dieser Bezeichnung bekannt sind. Allenfalls noch bekannt und ebenfalls negativ besetzt sind Stinkwanzen. Wie ungerecht diese Einschätzung ist, zeigt sich allerdings erst bei näherer Betrachtung. Dann wird auch deutlich, wie wenig im Grunde über diese Insektengruppe im Allgemeinwissen verankert ist. Selbst die am Fuße von Friedhofslinden umherlaufenden Feuerwanzen werden, obwohl richtig benannt, mitnichten als Wanzen, sondern vielmehr als Käfer wahrgenommen.
Höchste Zeit also, mit den vielen Vorurteilen aufzuräumen und die Wanzen einmal so darzustellen, wie sie sich wirklich präsentieren, nämlich als zumeist sehr ansprechend gefärbte und oft auch nützliche Insekten. Das hat sich auch der jetzt erschienene Titel „Die Wanzen Deutschlands. Entdecken – beobachten – bestimmen“ (ISBN 978-3-494-01636-8) zum Ziel gesetzt. Mitautor ist kein geringerer als Prof. Dr. Ekkehard Wachmann, der von dem Wanzen-Naturführer aus dem Jahr 1989 in bester Erinnerung ist. So wurde dieser neue wesentlich umfangreichere Naturführer mit großer Spannung erwartet, zumal als zweiter Autor der ausgewiesene Wanzenspezialist Dr. Jürgen Deckert mit dabei ist.
Hervorragende Farbfotos von 535 und damit von rund zwei Dritteln aller heimischen Arten, kurze Texte zu deren Biologie und Verbreitung stechen zunächst ins Auge. Und die Beschreibungen im vorangestellten allgemeinen Teil vermitteln einen umfassenden Einblick. Hervorzuheben ist hier das Kapitel über die Wanzen im Ökosystem und ihre Beziehung zum Menschen.
Ein Bestimmungsbuch im klassischen Sinn, in dem jeder eine im Garten oder am Weg entdeckte Wanzenart bestimmen könnte, ist es meines Erachtens allerdings nicht. Dazu fehlen die heute allgemein üblichen Tafeln, die einen guten Überblick bieten. Auch wären Verbreitungskarten sicher eine gute Hilfe. Dazu werden fast nur Imagines, also geschlechtsreife Wanzen, abgebildet, während die oftmals ganz anders ausschauenden Larvenstadien nicht im Bild vorgestellt werden. Man erfährt viel über die Wanzen und wird zum Staunen über die Farbenpracht und zum ausführlichen Schmökern eingeladen. Alles in allem also ein großes Werk, dem eine weite Verbreitung sehr zu wünschen ist.Dr. Ralf Klinger