
Rund 250 Arten leben im Naturschutzgebiet im Landkreis Darmstadt-Dieburg. Welche dazugehören und warum das so ist, erklärt der Naturschützer Fritz Fornoff.
Reinheim. Der Reinheimer Teich ist ein Paradies für Zugvögel – auch im Winter. Rund 250 Arten leben am und um den Reinheimer Teich – sowohl Brut-, als auch Zugvögel. Als Fritz Fornoff an diesem Morgen Ende Dezember auf dem Weg zum ECHO-Termin zur Naturschutzscheune Reinheimer Teich ist, begegnen ihm drei Zugvögel, Weißstörche. „Es sind jedes Jahr zwei bis drei, die nicht wegziehen wollen“, erklärt der Naturschützer vom Arbeitskreis Reinheimer Teich schmunzelnd.
Rund 20 Brutpaare gebe es jährlich am Reinheimer Teich, in diesem Jahr waren es 22. Im Klartext sind das rund 60 Störche, die den Sommer über an und um den Teich herum leben. Auf dem Dach der Scheune haben sie gebrütet oder auf dem ehemaligen Heag-Mast. Warum die Drei nicht mit den anderen Jung- und Altstörchen Mitte bis Ende August Richtung Gibraltar mit Ziel Afrika aufbrechen, erklärt der Naturschützer: „Es sind in der Regel Altstörche, die sich das Ziel abgewöhnt haben und nicht kapieren, dass sie wegfliegen können.“ So sparten sie sich aber die Strapazen und Gefahren des Flugs nach Spanien. „Im Winter sieht man die drei Daheimgebliebenen manchmal auch mitten im Schnee stehen“, hat Fornoff beobachtet. Sollte es ihnen jedoch längere Zeit zu kalt werden und Nahrungsknappheit entstehen, würden sie eventuell doch gen Süden aufbrechen.
Vier bis fünf Silberreiher hat Fornoff am Morgen bei den Weißstörchen gesehen. Bis zu 50 hielten sich im Winter im Naturschutzgebiet auf. Sie könnten beim Einflug in den abendlichen Schlafplatz beobachtet werden. „Interessanterweise brüten sie im Frühjahr aber nicht hier“, so Fornoff.
Zu den ganzjährig rund um den Reinheimer Teich anwesenden bis zu 500 Graugänsen kommen in den Wintermonaten oft Trupps von Bläss- und anderen arktischen Gänsen. „Im Naturschutzgebiet dürfen sie nicht gejagt werden“, sagt der Experte. Seit knapp 30 Jahren fliegen viele nicht mehr wie früher an die Atlantikküste. Nur wenn es friert, zieht es sie weg, „denn der Fuchs läuft auch aufs Eis“, so Fornoff.
Gänse seien sich im Gegensatz zu Störchen ein Leben lang treu. So seien auch Mathilde, eine weibliche weiße Hausgans, und ein männlicher Hausganter seit Jahren ein unter den Ornithologen bekanntes Brutpaar am Reinheimer Teich. „Wenn im Frühjahr neben jungen weißen und grauen Gänsen auch gescheckte rumlaufen, wissen wir, dass Mathilde Nachwuchs bekommen hat“, erzählt Fritz Fornoff.
Weitere Zugvögel, die hier in großen Wolken im Herbst auf ihrem Weg Richtung Süden vorbeikommen, seien die Stare. „Sie kommen für ein bis zwei Tage zum Übernachten im Schilf rund um den Teich“, berichtet Fritz Fornoff. Während der Reinheimer Teich vor rund 30 Jahren noch HotSpot von 30.000 bis 50.000 Tieren waren, sind es aber auch heute noch ein paar Tausend.
„In den letzten Wochen sind auch späte Kranicheinflüge beobachtet worden, die ein paar Tage hier gerastet haben“, erzählt Naturschützer Fornoff. Sie seien westlich der Neunkircher Höhe in Richtung Bergstraße unterwegs und flögen weiter Richtung Frankreich bis nach Spanien, wo sie in der Region Extremadura überwinterten. Ein paar Tausend seien es, die zum Teil in Familienverbänden über dem Naturschutzgebiet Reinheimer Teich unterwegs seien. „Die älteren zeigen den Kindern, wo sie langfliegen müssen“, erklärt Fornoff. Vor Jahren sei mal ein Jungvogel nach der Rast am Teich am Abend vergessen worden: „Der hat verpennt und am nächsten Morgen nicht aufgehört laut zu piepsen, bis er später von einem anderen Zug mitgenommen wurde – alleine hätte er den Weg nach Spanien nicht gefunden“, erinnert sich Fritz Fornoff.
Unter anderem sei auch der kleine Bergpieper aus den Alpen in größeren Scharen zur Überwinterung in der Ebene – unter anderem am Reinheimer Teich.
Seltene Wintergäste seien die Rohrdommeln. Ein bis zwei lebten auch im Winter hier am Teich, gut getarnt im Schilf. „Man erkennt sie kaum, wenn sie sich mit dem Schilf im Wind bewegen“, erzählt der Naturschützer.
Warum es so viele Zugvögel an den Reinheimer Teich zieht, kann Naturschützer Fornoff erklären: Es ist ein großes, 75 Hektar großes Feucht- und Naturschutzgebiet. „Im 17. Jahrhundert wurde die Teichanlage gebaut, Tiere können hier relativ ungestört leben.“ In Richtung Groß-Zimmern grenze an den Reinheimer Teich ein weiteres Naturschutzgebiet, die Scheelhecke, an, die gesamte Gersprenzaue sei FFH- und Vogelschutzgebiet, mit Unterbrechung ziehe sich der Auenverbund bis nach Babenhausen. „Wenn das Gewässer zugefroren ist, wird es aber auch ruhiger am Reinheimer Teich“, sagt Fornoff. Selbst den Eisvogel, der als Nahrungsgast in diesem Areal zu beobachten sei, fliege gen Süden, wenn es über längere Zeit gefriert. „Hier fliegen aber nur die Weibchen weg, die Männer versuchen ihr Revier zu verteidigen, und manche verhungern dann leider im Winter“, so der Experte.
Auch weitere Invasionsvögel wie der Buchfink schlagen hier im Winter auf”, weiß Fornoff. Sollte es in Skandinavien im Laufe des Winters noch kälter und somit die Nahrung knapp werden, könnte es auch sein, dass der Reinheimer Teich noch einen weiteren Wintergast bekommt: den Seidenschwanz.