
Für rund 500 Tiere ist das Naturschutzgebiet Reinheimer Teich ein bedeutender Lebensraum. Doch manche kennt man besser als andere. Wem Echo hilft! so ganz genau hilft.
Reinheim. Everybody’s darling? Wer das ist, wollte das Team der Naturschutzscheune am Reinheimer Teich herausfinden. Die Naturschützer haben es sich zur Aufgabe gemacht, das 75 Hektar große Gebiet mit seinen Feuchtwiesen und Weideflächen und Wasser nicht nur zu bewahren, sondern auch den Menschen um diese besondere Welt herum näher zu bringen. Damit die Naturschutzscheune dieser Aufgabe nachkommen kann, unterstützt die Benefizaktion „Echo hilft!” sie in diesem Jahr. Und mit ihr rund 500 teils geschützte oder gefährdete Tierarten und ihr Standing in der Region. Einige von ihnen sind den Besuchern besonders lieb.
„Sie sind auch eine Art Botschafter für unseren Reinheimer Teich”, sagt Fritz Fornoff, der sich ehrenamtlich im Team der Naturschutzscheune engagiert. Denn während den Ornithologen zwar das Herz aufgeht, wenn sie die Rohrsängerarten zwitschern hören, sind es eine Handvoll Tiere, die für die Popularität des Reinheimer Teichs sorgen. Die Besucher haben in diesem Jahr abgestimmt, wer ihre Lieblinge sind. Einige Dutzend Menschen haben per Mail oder in einem umfunktionierten Briefkasten eine Top 6 für das Naturschutzgebiet gekürt.
Platz 6: Die Rohrweihe
Die Rohr-Was? Ein Vogel, groß wie ein Bussard, zu dem sein lateinischer Name „Circus aeruginosus” vielleicht ein bisschen besser passt: Während der Paarungszeit findet zwischen Mitte März und Mitte April über dem Reinheimer Teich ein Balzflug, ein wahrer „Zirkus”, statt. Akrobatische Flugleistungen, Scheinangriffe und Sturzflüge zum Beeindrucken der weiblichen Rohrweihe lassen sich mit ein wenig Glück dann beobachten.
Der Reinheimer Teich ist ein Hotspot der Rohrweihenbruten in Hessen, sagt Fritz Fornoff, der sich auch bei der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) engagiert. Wohl seit 1962 brütet die Rohrweihe dort, kontinuierlich zwei bis drei Brutpaare oder mehr sind seit 1973 dort. Der Reinheimer Teich ist der einzige regelmäßig besetzte Brutplatz im Ostkreis von Darmstadt-Dieburg. Ab und zu kommt es zu weiteren Ansiedlungen, zum Beispiel im Taubensemd.
Platz 5: Der Laubfrosch
Ein Erfolg der Naturschützer: Bis 1995 gab es keine Nachweise des Laubfroschs am Reinheimer Teich. An der Scheelhecke bei Groß-Zimmern, dem nächstgelegenen Fundort, hat der Mensch dem grasgrünen Tierchen mit der Anlage von Tümpeln auf die Sprünge geholfen. Der Laufrosch vermehrte sich dank zusätzlicher Laichgewässer, auch bei den Hochwasserschutzmaßnahmen in der Aue südlich von Groß-Zimmern und der Gersprenznaturierung.
Um die Jahrtausendwende war der Reinheimer Teich von Laubfröschen besiedelt, erklärt Fritz Fornoff. Mit etwas Glück und vor allem Behutsamkeit kann man vor allem rund um die Naturschutzscheune den Rufen der gut getarnten Frösche folgen und sie recht leicht beobachten. Heute gehört die Gersprenzaue vom Reinheimer Teich bis zur Scheelhecke neben den Hergershäuser Wiesen zu den wichtigsten Lebensräumen des Laubfrosches in Hessen.
Platz 4: Die Sumpfschildkröte
Für die Besucher der Platz Vier, für die Naturschützer der unangefochtene Platz Eins: „Die Europäische Sumpfschildkröte ist wirklich etwas ganz Besonderes”, schwärmt Fritz Fornoff. Ihr Vorkommen am Reinheimer Teich gilt als das letzte autochthone in ganz Hessen. Die Sumpfschildkröte ist stark gefährdet, steht auf der Roten Liste und war in Hessen bereits offiziell ausgestorben. Eine kleine Restpopulation wird dann 1999 bei einer hessenweiten „Schildkröten-Volkszählung“ am Reinheimer Teich wieder entdeckt – obwohl die lokalen Naturschützer davon ausgehen, dass es bereits seit den 1950ern eine nicht erfasste Population am Reinheimer Teich gab.
Seit 2001 gibt es gezielte Nachzuchtprogramme mit den Reinheimer Schildkröten im Frankfurter Zoo und eine Stärkung des Lebensraums vor Ort samt wissenschaftlicher Begleitung und Pflege durch den ehrenamtlichen Naturschutz. Seit 2004 gilt die Population am Reinheimer Teich als überlebensfähig. Kuriosum: In der Ausstellung der Naturschutzscheune sind Schildkröten-Rezepte aus dem 18. Jahrhundert zu entdecken. Eine beliebte Fastenspeise dieser Zeit. Heute gefährden eher der Verkehr, einige Fressfeinde, aber auch das Aussetzen von fremden Schildkrötenarten die Sumpfschildkröte.
Platz 3: Der Biber
Neuzugang mit steiler Erfolgskurve: Erst seit 2008 ist der Biber im Landkreis zurück. Heute, 14 Jahre später, gibt es bereits 35 Reviere, der Biber ist quasi überall dort, wo es große Bachläufe gibt. Der Reinheimer Teich eine Art Basislager, wo er sich seit Beginn an pudelwohl fühlt. Naturschützer freuen sich über den Landschaftsgärtner, der Auenlandschaften zurückbaut und so vor Hochwasser schützt. Aber seine Bauwerke sorgen auch für Probleme, wenn Tennisplätze überspült oder Straßen unterspült werden. Das Entfernen von Biberdämmen ist strafbar, aber auch in diesem Sommer am Taubensemd wieder passiert.
Wie die Ortsnamen Groß- und Klein-Bieberau zeigen, die wahrscheinlich auf die Anwesenheit des Bibers und seiner Auen zurück gehen, war der Biber früher schon einmal verbreitet. Für Fritz Fornoff vom Arbeitskreis Naturschutzscheune ist er der Platz Eins am Reinheimer Teich. „Mich fasziniert, dass er es sich einfach passend macht. Er packt an, eine nette Eigenschaft. In der Intensität ist mir das von keinem anderen Tier als dem Biber bekannt.”
Platz 2: Der Eisvogel
Der Eisvogel braucht naturnahe und saubere Gewässer für seine Jagd. Deswegen kann man ihn am Reinheimer Teich gut beobachten. Ein Eisvogelpaar hat bereits direkt an der Naturschutzscheune gebrütet, aber auch die Brutstätten entlang der Steilhänge an den Flüsschen rundrum kommen gerne zur Jagd an den Teich. Wenn er nicht gerade so trüb ist, wie wegen der Hitze in diesem Sommer, oder zugefroren, wie in diesen Tagen. Dann findet der treue Piepmatz keine Nahrung, „verhungert aber lieber, statt woanders hinzufliegen”, sagt Fritz Fornoff.
In der Mythologie steht der eisblaue Vogel für eine Liebe über den Tod hinaus. Ob er deshalb den Platz Zwei der beliebtesten Tiere holt, oder einfach nur wegen seiner Schönheit, ist am Ende egal.
Platz 1: Der Weißstorch
Der Publikumsliebling am Reinheimer Teich ist ebenfalls ein Mythischer: Als Glücksbringer, als einer der Babys bringt, gilt der Storch. Da mag es ein Zufall sein, dass Fritz Fornoff tatsächlich in einem der Horste entlang des Teichs bereits Schnuller entdeckt hat. Erst im Jahr 2000 kehrten die Störche nach über 30 Jahren in den Landkreis Darmstadt-Dieburg zurück. Bis 2005 war der Reinheimer Teich ohne Störche. Seither kehren sie mit Wucht zurück: 2021 gab es bereits 18 Brutpaare und 40 Jungtiere – letzteres ein Rekord für das Naturschutzgebiet.
Wegen der warmen Winter ziehen nicht mehr alle Störche gen Süden, einige bleiben das ganze Jahr in ihrem Eldorado.