Anfang der 1970er Jahre, als die Nachricht von dem geplanten Abriss des Schlosses die Runde machte, wurde alles geklaut, was nicht niet- und nagelfest war.
GROSSEN-BUSECK. Großen-Buseck (swa). Ernst Ludwig "Elu" Müller, der nach 35 Jahren bei der Busecker Gemeindeverwaltung im Herbst 2007 in Pension ging, hat viel zu erzählen. Und er tut es gern. Die Erinnerungen sprudeln nur so aus ihm heraus. Zum Beispiel die, warum es Hans Busch zu verdanken ist, dass ein gestohlenes Wappenfenster aus der Schlosskapelle wieder dorthin zurückkehren konnte.
Busch war als Generalbevollmächtigter zur Verwaltung des Anwesens durch die letzte adelige Besitzerin des Schlosses, Freifrau Evamaria Augusta Charlotta Anita Müller-Molner geborene von Nordeck zur Rabenau - kurz "Maja" genannt - eingesetzt worden. Anfang der 1970er Jahre, als die Nachricht von dem geplanten Abriss des schon recht verwahrlosten Schlosses die Runde machte, wurde dort alles geklaut, was nicht niet- und nagelfest war. Damals konnte Busch von seinem höher gelegenen Bungalow aus mit einem Fernglas junge Männer beobachten, wie sie das Wappenfenster mit einem Auto abtransportierten.
Über das von ihm notierte Münchner Kennzeichen gelang es der Polizei, den Fahrer ausfindig zu machen. Es war ein Student, der in Mainzlar wohnte. Dort fanden die Ermittler das Wappenfenster in einer Badewanne vor, wo es von dem Studenten und zwei seiner Kommilitonen mit einer Wurzelbürste gesäubert wurde.
Die Baroness, die ein gutes Verhältnis zu der Verwalterfamilie pflegte, hat das Wappenfenster hiernach Busch überlassen. Vor der Haushaltsauflösung 2016 konnte es der Heimatkundliche Arbeitskreis Buseck erwerben und aufwendig restaurieren lassen. Die Vorsitzende Elke Noppes übergab es auf der Jubiläumsfeier zum 25-jährigen Vereinsbestehen 2019 an Bürgermeister Dirk Haas (SPD). Um die Wirkung des Wappenfensters hervorzuheben, das jetzt wieder einen Platz in der Kapelle hat, wurde eine Hintergrundbeleuchtung eingebaut.
Order per Haustelefon
Auch die folgende Einrichtung ist kaum bekannt: Im Ordnungsamt befand sich anno dazumal eine kleine Küche. Die Hauptküche war im Bereich der jetzigen Toilettenanlagen angesiedelt. Damit die adeligen Herrschaften ihre Wünsche auf einem bequemen Weg an das Personal weitergeben konnten, hatten sie eine Art Haustelefon eingebaut. Ein Kasten führte vom obersten Geschoss bis in das Erdgeschoss. In jedem Stockwerk konnte eine Klappe geöffnet werden. Vermutet wird, dass sich die hohen Herrschaften durch den Schlag mit einem Stock gegen die Holzkonstruktion bemerkbar machten, um danach den Bediensteten ihre Order zuzurufen.
Bürgermeister Helmut Hofmann kam dem Wunsch der "gnädigen Frau" nach, dass ihr Großvater im Schloss verewigt wird. So hängt heute noch neben dem Bild von Maja ein Gemälde von ihrem Großvater Ferdinand Karl Joseph Leopold Freiherr von Nordeck zur Rabenau.
"Unser Telefongespräch hat mich bis in die Nacht hinein beschäftigt. Es gäbe ja noch so viel zu erzählen", sagt Müller beim Fototermin. Beim Verlassen der Traukappelle berichtet er: "Genau gegenüber ging früher die Treppe in den Keller." Davon ist nichts mehr zu sehen. Auf dem Weg zum Parkplatz zeigt er auf die Lampen: "Die wollte ich nicht, sondern Lampen nach historischem Vorbild."
Zuvor ging sein Blick in Richtung Erker. Direkt darunter hatte der langjährige Finanz- und Hauptamtsleiter sein Büro. Hier kam es zu einem Wasserschaden, genau wie Busch prophezeit hatte. Es war nämlich nicht zum ersten Mal Wasser an dieser Stelle eingedrungen. So fand Müller eines Morgens seinen Schreibtisch nass und übersät von herabgefallenem Deckenputz vor, durchweichte Tapeten hingen an den Wänden herunter. Als er 2007 seinen Schreibtisch räumte, um in den Ruhestand zu gehen, fiel ihm das sehr schwer.