Die Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Corinna Ewelt-Knauer von der JLU hat mit ihrem Team ein vermeintlich "langweiliges" Thema auf unkonventionelle Art veranschaulicht: mit...
GIESSEN. Das digitale Semester hat deutlich aufgezeigt, wie flexibel die Varianten der Wissensvermittlung in diesen pandemischen Zeiten sind. Eben mal in die Fachbibliothek gehen und sich Themen aneignen, das ist momentan nicht umsetzbar. Die Professur für Financial Accounting an der Justus-Liebig-Universität (JLU) hat sich für das Thema Bilanzierung daher etwas Ungewöhnliches einfallen lassen: eine Zeichentrickserie.
Wer sich die Folgen von "Bibi Bilanzierung" auf der Onlineplattform YouTube zum ersten Mal ansieht, könnte meinen, es handele sich um eine klassische Sitcom. Die Musik und das Design schreien förmlich nach Humor und Entertainment. Doch die Serie hat nichts mit seichter Unterhaltung zu tun - im Gegenteil. Stattdessen geht es um ein Thema, das bei vielen als "uninteressant und langweilig" empfunden wird. Zehn Folgen mit jeweils 30 Minuten Länge sollen Studierenden das Thema Bilanzierung auf unkonventionelle Art anschaulich machen. "Es ist niemals zu spät, seine Liebe für Bilanzierung zu entdecken", erzählt die Ideengeberin Prof. Corinna Ewelt-Knauer.
Und womit beschäftigt sich die Serie konkret? Um das Studium zu finanzieren, gründet "Bibi Bilanzierung" eine Eisdiele mit dem Namen "N.Icecream". Bilanzierung fand sie im Studium immer langweilig, und sie kann sich an den vermittelten Stoff kaum erinnern. Als sie merkt, dass sie als Unternehmerin auch Bücher führen muss, kommt ihr der Kommilitone Bill Hanz zur Hilfe. Mit Jugendsprache und Eselsbrücken zeigt er Bibi die Tricks der Buchführung. Bibi stellt ihm dabei die gleichen Fragen, mit denen auch die Studierenden konfrontiert sein werden. "Wir brauchten einen schlanken Produktionsprozess und es sollte nicht zu komplex sein. Bibi muss ja Vorräte kaufen, Rechnungen schreiben und die Produkte verkaufen - die Basics eben", referiert Ewelt-Knauer über das Konzept hinter der Serie.
Positive Resonanz
Ursprünglich hatte man überlegt, eine Pommesbude statt der Eisdiele zu wählen. "Wir wollten unbedingt ein Geschäftsmodell, dass Studierende unmittelbar kennen. Als wir damals zwischen Pommes und Eis entscheiden mussten, war es ein herrlich sonniger Tag - da haben wir uns intuitiv für Eis entschieden", so die Dozentin. Die Zielgruppe sind Erstsemester im Einführungsmodul Buchführung, die trotz des Lockdowns und des unzugänglichen Campus motiviert werden sollen.
Am Anfang der Serie standen eine Idee und etwas Zweifel. "Eigentlich begann alles mit einem Feierabendgespräch zwischen Tür und Angel. Aus Scherzen wurde dann aber doch Ernst." Der Austausch mit den Kollegen Fabienne Herrmann und Henning Schütz führte zu Überlegungen des Trios, wie man die Geschichte umsetzen könnte. "Das waren viele Gespräche auf der Terrasse im Sommer. Ich habe mich auch gefragt, ob ich das als Hochschullehrerin wirklich machen kann oder ob das nicht unseriös wirkt", berichtet Corinna Ewelt-Knauer. Sie taten es und die Resonanz der Studierenden war fast durchweg positiv. "Wir haben im Wintersemester damit angefangen, aber die Evaluation steht natürlich noch aus", so die Professorin. Viel Zuspruch für das ungewöhnliche Projekt kam auch von Kollegen und dem Dekanat.
Bei der Wahl der Protagonisten habe man viel hin und her überlegt, damit keine Klischees bedient werden. "Bibi soll als die 'Macherin' dargestellt werden. Wir hatten die Rollen einmal umgekehrt, aber dann wirkte sie wie die 'fröhliche Sekretärin' und das hätte eben jenes Klischee bedient, das wir verhindern wollten", berichtet die Dozentin. Das Team hatte bei der schwierigen Entscheidung schlussendlich das Gefühl, dass diese Kombination besser passe.
Der Entschluss für die Serie "Bibi Bilanzierung" fiel unabhängig von der Notwendigkeit eines digitalen Semesters. Für die Erstsemester ist nach Einschätzung der Professorin die Situation "blöd genug". "Bibi soll das Studierendenleben etwas bunter gestalten", meint Corinna Ewelt-Knauer. Und es gelte eben, das Beste aus der momentanen Lage zu machen. Asynchrone Lehrvideos wolle sie auch weiterhin einplanen. Besonders fehlen ihr "der Satz am Rande und die spontanen Interaktionen" mit Studierenden und Kollegen.
Zweite Staffel in Planung
Und wie geht es mit Bibi und der Serie weiter? "Wir sitzen gerade an der Themenfindung für Staffel zwei. Sie soll einen Schwierigkeitsgrad höher sein. Wir haben als Team total Lust darauf. Noch fehlt uns etwas der kreative Input", erzählt Ewelt-Knauer lachend. Als Team sei man mit viel Herzblut dabei. "Es fühlte sich nicht nach Arbeit an, als wir das geplant und durchgezogen haben. Ich bereue es nicht."
YouTube-Link: https://www.youtube.com/channel/UCgvWIdgFO_wQC0S6jbMqZAA