Die Allendorferin Andrea Demes hat ein Jahr lang täglich einen Baum gemalt. Eine Gießener Ausstellung zeigt nun Teile dieses Langzeitprojektes - und einiges andere mehr.
GIESSEN. Eine interessante Frage stellt die neue Ausstellung im FrauenKulturZentrum (FKZ): "Weißt du, dass Bäume reden?". Die Malerin Andrea Demes hat 2020 ein Jahr lang jeden Tag einen Baum gemalt. Das Ergebnis zeigt sie nun, doch sie hat noch einiges mehr zu bieten. Die studierte Juristin, 1964 in Olsberg im Sauerland geboren ("Ich bin naturnah aufgewachsen"), lebt in Allendorf-Winnen.
"Ich habe schon immer gemalt und gezeichnet, aber als die Kinder in den Kindergarten kamen, habe ich richtig intensiv angefangen, Kurse zu belegen und mich auszubilden", erzählt sie. Thematisch war sie zunächst nicht festgelegt. Dann ging ihr Stil vor etwa zehn Jahren allmählich in Richtung Abstraktion, die sich auch in der Ausstellung im FKZ wiederfindet. Doch wie kam es zu dem Langzeitprojekt mit den Bäumen, Gegenständlichem also? "Das hatte mit dem Coronajahr zu tun", erzählt die Künstlerin. Da sie keine Kurse besuchen und sich auch "mit niemandem so richtig treffen und austauschen konnte, habe ich gedacht, ich male jeden Tag einen Baum". Und zwar "so, wie es gerade kam". Wenn etwa mit dem Hund spazieren war oder sich irgendwann am Tag die Möglichkeit ergab, "habe ich mich einfach hingesetzt". Mal waren die Ergebnisse schneller, mal ausführlicher gezeichnet.
Und was hat sie im Besonderen an ihrem Projekt interessiert? Da es den Wäldern aufgrund der Trockenheit der vergangenen Jahre nicht gut geht, "wollte ich ihnen einfach nah sein". Demes ging es um die intensive Auseinandersetzung mit ihrem Thema. Das lässt sich auch im FKZ entdecken. Dort sind 32 Baumbilder in zwei Gruppen zu sehen, jeweils etwa im A5-Format. Insgesamt gibt es 366 Arbeiten. "Es war ja ein Schaltjahr", schmunzelt Demes.
Sämtliche Techniken
Die Allendorferin verwendet sämtliche Techniken: Collage, Malerei, Fotoübermalung und ganz allgemein Mischtechnik. Das Kunstprojekt war für sie dauerhaft prägend, denn nachdem das Jahr geendet ist, "habe ich immer noch nach Bäumen geschaut. Es hat eine ganze Zeit gedauert, bis sie nicht mehr diesen fokussierten Blick hatte, erzählt sie.
In diesem Jahr probiert sie etwas anderes aus: Es geht um Insekten, "weil die ja auch nicht oft gewürdigt werden". Diese hauptsächlich gezeichneten kleinen Bilder wurden auf Teebeutel in eine Art Insektenbox platziert, aber Demes hat diese Reihe nicht wie das Baumprojekt seriell fortgesetzt. Sie wollte sich nicht wiederholen. Wichtiger war es ihr, sich mit dem Thema Artensterben zu befassen.
Es ist bemerkenswert, wie viel stilistische und inhaltliche Abwechslung Andrea Demes in ihre Bilder gebracht hat, sie wirken sehr lebendig und dazu frohgemut. Des Weiteren zeigt sie eine Reihe mittelformatiger Abstraktionen, ebenfalls Mischtechniken, darunter dunklere, strukturbetonte Arbeiten, etwa mit Farbfeldern. Da sitzt dann schon mal ein Vogel unauffällig im Bild, halb transparent, nur ein Detail. Einige größere Insektenbilder hat sie zu einem Leporello zusammengefügt, in dem es von Bienen und anderen Flügeltieren wimmelt. Andrea Demes hat stets die Natur im Blick, aber vor allem hat sie eine Fülle von Ideen.
Die Ausstellung läuft bis zum 23. Oktober im FrauenKulturZentrum Gießen (Walltorstraße 1). Öffnungszeiten sind dienstags von 17 bis 19 Uhr und donnerstags von 10 bis 12 Uhr. Weitere Infos im Internet: www.frauenkulturzentrum-giessen.de.