Eine elf Meter breite Lahnwelle ist in Gießen möglich. Das ergibt der Zwischenbericht des beauftragten Experten Prof. Markus Aufleger.
GIESSEN. Surfen auf der Lahn? Dass diese Idee alles andere als unrealistisch ist, hat Prof. Markus Aufleger von der Universität Innsbruck am Montagmittag in einem Zwischenbericht seiner Machbarkeitsstudie deutlich gemacht. "Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass sich der Ort am Wehr bei den Stadtwerken sehr gut für eine stehende Welle eignet. An diesem Standort könnte eine stehende Welle auf natürliche Art und Weise erzeugt werden und es würden keine zusätzlichen Pumpen für die Wellenerzeugung benötigt", erklärte der Wissenschaftler. Zu den Kosten, die nach Erfahrungen in Nürnberg und Hannover im Millionenbereich liegen könnten, ist zwar noch nichts bekannt.
Klar ist aber, dass der Experte eine Welle mit einer Breite von elf Metern anregt. Und: "Die ersten Erkenntnisse zeigen, dass mit der stehenden Welle Energie erzeugt werden kann. Hierfür würden Turbinen eingesetzt, die den Strom erzeugen. Diese würden so konstruiert, dass Fische geschützt sind", verdeutlichte er. Sein Team beschränke sich ausschließlich auf Wellen im Fluss, die durch natürliches Gefälle erzeugt werden. "Wir glauben, dass das nachhaltig ist im Sinne von Energieverbrauch, aber auch in dem Sinn, dass regionale Attraktivität weniger Mobilität verursacht", betonte der Wissenschaftler. Anders gesagt: Wer als Surfer die Welle vor der Tür hat, braucht nicht für ein langes Wochenende ans Meer fahren.
Zugang gewährleistet
Eine derartige Anlage gehe in Nürnberg demnächst in Betrieb. Eine weitere werde derzeit in Hannover errichtet, und auch "die Lahn im Bereich Gießen ist gut geeignet". Konkret gemeint ist das Stadtwerke-Wehr, an dem der Abfluss passe und die Zugänglichkeit gegeben sei. Es gebe allerdings Herausforderungen wie einen Gang im Wehr, der nicht verändert werden könne. Zudem sei unter anderem die Fallhöhe zwischen Ober- und Unterwasserspiegel sehr groß und "eigentlich zu viel für die Welle". Diese Differenz müsse verändert werden. Denkbar an der Stelle seien sowohl eine reine Wellenanlage als auch eine solche, die mit Turbinen Strom erzeugt, so Aufleger, der die komplette Machbarkeitsstudie im Lauf des Oktobers vorlegen will.
Ende des vergangenen Jahres seien Vertreter des "Projektes Lahnwelle" auf ihn zugekommen, erinnerte Bürgermeister Peter Neidel. Er sei von Anfang an begeistert gewesen, berichtete der Unionspolitiker. Vor Beauftragung einer Machbarkeitsstudie habe man jedoch recherchieren müssen, ob einem solche Projekt in Gießen grundsätzliche Hindernisse entgegenstünden. Dies habe ausgeschlossen werden können. Bei der Suche nach einem Experten sei die Stadt schließlich auf Aufleger gestoßen, der über eine große Expertise verfüge.
Auch die Stadt habe von Anfang an das Ziel verfolgt, die Welle mit mechanischen Einbauten durch natürliche Wasserkraft zu erzeugen. "Die Kosten müssen in einem nächsten Schritt ermittelt werden, bevor die Gremien über das Projekt entscheiden können", führte der Bürgermeister aus. Womit genau zu rechnen ist, konnte Aufleger noch nicht mitteilen, wohl aber, dass es sich um "eine signifikante Investition" handele. Auf den Hinweis des Wissenschaftlers auf die Summen in Nürnberg und Hannover entgegnete Neidel, dass man sich dann in einem Rahmen bewegen würde, der "etwa den Kosten eines einjährigen Verkehrsversuches entspricht."
Vorbildfunktion
Der Zwischenbericht sei sehr ermutigend, freute sich Janne Paul Schmidt vom "Projekt Lahnwelle". Er hob hervor, dass eine Wellenanlage mit Turbine zur Stromerzeugung als erste derartige Anlage Vorbildfunktion haben würde. Weitere Details wie vertiefte ökologische Aspekte seien im Lauf des Projektes zu klären, teilte die zuständige Gießen Marketing mit. "Ich bin mir sicher, dass die Lahnwelle eine einzigartige Attraktion für Gießen und die Umgebung darstellen wird", zeigt sich Neidel, unter anderem auch Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Gießen Marketing, überzeugt.