Ein historisches Datum für die Frauenrechte hat sich nun in Friedberg zum 100. Mal gejährt. Denn am 31. Januar 1921 beschloss das Kuratorium der dortigen Polytechnischen...
FRIEDBERG. Ein historisches Datum für die Frauenrechte hat sich nun in Friedberg zum 100. Mal gejährt. Denn am 31. Januar 1921 beschloss das Kuratorium der dortigen Polytechnischen Lehranstalt, künftig auch Studentinnen aufzunehmen. Im entsprechenden Dokument heißt es wörtlich: "Es herrscht einstimmige Meinung darüber, dass auch Frauen, falls sie die Aufnahmebedingungen erfüllen, zum Studium an der Anstalt zugelassen werden sollen."
Das "Poly" fortan kein reiner Männerbetrieb mehr, was hatte zu dieser Entscheidung geführt? Die Weimarer Reichsverfassung, die nach dem Ende des Kaiserreichs im August 1919 in Kraft getreten war, hatte Deutschland nicht nur in eine Demokratie umgewandelt, sondern auch bedeutende grundrechtliche Fortschritte gebracht. Dazu zählte unter anderem das Wahlrecht für Frauen. Der Nationalversammlung, die insgesamt 423 Mitglieder hatte und in Weimar den Verfassungstext verabschiedete, gehörten 37 weibliche Abgeordnete an. Im internationalen Vergleich der Parlamente war das zur damaligen Zeit ein bemerkenswert hoher Anteil.
Vorgängerin der THM
In der Frühphase der ersten deutschen Republik stellte also eine junge Frau den Antrag, an der Polytechnischen Lehranstalt in Friedberg zum Architektur-Studium zugelassen zu werden. Dem stimmte das Kuratorium mit Gültigkeit für alle qualifizierten Bewerberinnen zu. Da es sich um eine städtische Lehranstalt handelte, war auch die damalige Friedberger Stadtverordnetenversammlung mit dieser Neuerung befasst. Sie votierte im Januar 1922 dafür, das Polytechnikum als Studienstätte für Frauen zu öffnen.
Dort, an der Vorgängereinrichtung der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) in der Wetterauer Kreisstadt, war die angehende Architektin zunächst eine "Einzelkämpferin" unter seinerzeit 500 männlichen Studenten. An der heutigen THM in Friedberg absolvieren rund 1300 Studentinnen ihre akademische Ausbildung - bei einer Gesamtzahl von fast 5700 Immatrikulierten, teilt die Hochschule mit.
"Für die damaligen Frauenrechtlerinnen wäre das ein Traum gewesen, aber trotzdem beträgt damit der heutige Frauenanteil der Studierenden in Friedberg nur 21 Prozent", kommentiert Tina Trede, die dortige stellvertretende Frauenbeauftragte. Dieser relativ niedrige Prozentsatz hänge mit der technischen Ausrichtung der Hochschule zusammen. Die MINT-Disziplinen als fachlicher Schwerpunkt (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) seien für Schülerinnen bei der Studienwahl erfahrungsgemäß weniger attraktiv. Doch die THM ermutige junge Frauen, sich für ein MINT-Studium zu entscheiden, und unterstütze sie mit Förderangeboten.
Nicht bekannt ist allerdings der Name der jungen Frau, die zur Vorreiterin aller Kommilitoninnen wurde. Und unklar ist bislang auch, ob sie ihr Studium tatsächlich angetreten und auch abgeschlossen hat.