Die Theodor-Litt-Schule in Gießen ist die für das Tischlerhandwerk zuständige Berufsschule. Dort unterzogen sich nun 21 Lehrlinge einer kritischen und fachkundigen Prüfung.
GIESSEN. Es ist immer wieder erstaunlich, zu welchen (kunst-)handwerklichen Leistungen junge Menschen fähig sind. Zum Beispiel im Tischlerhandwerk und hier speziell am Ende der dreijährigen Lehrzeit, wenn es in der abschließenden Prüfung heißt: Fertigen eines Gesellenstückes. Und das geschieht dann meist mit viel Herzblut.
Mit der Folge, dass kaum ein Tischler sein Gesellenstück irgendwann einmal weggibt, verschenkt oder veräußert. Das Gesellenstück ist ein Unikat. Ein besonderes Stück, auf immer verbunden mit seinem Schöpfer. Denn das Gesellenstück steht sichtbar und fühlbar für das Erreichen eines Etappenziels auf dem Berufsweg und kann der Ausgangspunkt für eine „Karriere mit Lehre“ sein. Bei den Tischlern ist das Gesellenstück nicht die einzige Aufgabenstellung, die im Rahmen der Prüfung bewältigt werden muss. Es ist jedoch mit Sicherheit das optisch Reizvollste. Davon konnte sich in Corona-Zeiten in diesem Jahr zwar eine breitere Öffentlichkeit – wie ansonsten zum Beispiel in den letzten Jahren in den Räumen der Volksbank Mittelhessen in der Goethestraße möglich – umständehalber nicht überzeugen, wohl aber die Mitglieder des Prüfungsausschusses des heimischen Tischlerhandwerks. Denn in einem großen Funktionsraum der Theodor-Litt-Schule Gießen als der für das Tischlerhandwerk zuständigen Berufsschule ließen 21 Lehrlinge ebenso viele Gesellenstücke von den Mitgliedern des Gesellenprüfungsausschusses unter dem Vorsitz von Fachlehrer Uwe Beppler einer kritischen und fachkundigen Prüfung unterziehen. Dabei ging es insbesondere auch um die Entscheidung, welches Gesellenstück aus der Tischler-Innung Gießen am Sonderwettbewerb „Die gute Form“ auf Hessenebene teilnehmen darf – um dann vielleicht als hessischer Landessieger beim Bundesfinale aufzuschlagen. Wie meist war die Entscheidung um die Platzierung der Besten knapp, letztlich aber eindeutig. Das achteckige „Arzneischränkchen“ des Auszubildenden Felix Eichhorn aus Marburg, der sein Handwerk im Betrieb Adam – Inhaber Georg Frank – in Rodheim-Bieber erlernt hat, gefertigt aus dem auf kargen Böden langsam gewachsenen Holz der Hemlock-Tanne aus den Rocky Mountains, überzeugte die Juroren der Prüfungskommission. An die 100 Stunden hat Felix Eichhorn in Summe an seinem Gesellenstück gearbeitet, für das nun im Blick auf den Landeswettbewerb Hessen noch ein zündender Name gefunden werden soll. Anstelle eines dritten Ranges wurde der zweite Platz doppelt und gleichwertig vergeben: An Leon Hofmann aus Freienseen, der in der Tischlerei „Design in Holz“ in Laubach ausgebildet wurde, mit einem Couchtisch ohne Ecken sowie an Timon Fabel aus Atzbach, Lehrbetrieb ebenfalls Adam in Rodheim-Bieber, der sich für ein Flurmöbel mit Spiegel entschieden hat.
Darüber hinaus vergab die Jury angesichts eines feinziselierten und filigran gearbeiteten Tisches einen Sonderpreis an Marlene Schadeck, die ihre Ausbildung im Betrieb von Tischlermeister Bodo Haack in Laubach absolviert hat. Dieser gehört allerdings nicht der Tischler-Innung an, wodurch die Auszubildende Marlene Schadeck im Wettbewerb „Die gute Form“ keine Berücksichtigung finden konnte.