Die sehr ungestüme Begegnung mit einem fremden Hund im Philosophenwald hat einer Gießenerin einen "gehörigen Schrecken" eingejagt. Ein Leinenzwang besteht dort zwar nicht....
GIESSEN. "Der tut nichts!" Von Hundebesitzern ist dieser gut gemeinte Satz ja gelegentlich zu hören, wenn sie merken, dass die mal mehr, mal weniger offensiven Annäherungsversuche des geliebten Vierbeiners bei Fremden nicht auf ungeteilte Begeisterung stoßen. Wer Angst vor Hunden - erst recht den größeren Exemplaren - hat, lässt sich davon ohnehin nicht beruhigen. Das, was die Gießenerin Olga Seibert jüngst bei einem Spaziergang durch den Philosophenwald erlebt hat, jagte ihr jedenfalls "einen gehörigen Schrecken" ein. Und freche Reaktionen der Halter gab es offenbar noch inklusive.
"Im Bereich des Spielplatzes bemerkten wir vier Personen, die sich dort mit ihren freilaufenden Hunden aufhielten. Kinder waren zu dieser Zeit nicht auf dem Spielplatz. Nachdem wir uns den Personen auf circa 20 Meter genähert hatten, stürmte plötzlich ein mittelgroßer Hund auf mich zu und richtete sich an mir auf. Seine Pfoten reichten mir etwa bis zur Brust. Erst nach mehreren Rufen einer Frau ließ er von mir ab und lief zurück", schildert Olga Seibert in einem Schreiben an das Ordnungsamt, das dem Anzeiger vorliegt. Von Rücksicht konnte hier zumindest keine Rede sein. Und auf die Bitte, die Hunde an die Leine zu nehmen, sei ihnen entgegnet worden, dass dies im Philosophenwald nicht erforderlich sei. Man habe sich extra beim Ordnungsamt erkundigt. "Tatsächlich besteht im Philosophenwald kein grundsätzlicher Leinenzwang für Hunde", bestätigt Stadtsprecherin Claudia Boje auf Anfrage. Denn klar ist auch, dass die Kläffer Auslauf brauchen. Das ist generell im Gießener Stadtwald möglich. Es gibt jedoch eine Einschränkung. Voraussetzung ist nämlich, dass ein konfliktfreies Miteinander gewährleistet wird. So regelt sowohl die Hessische "Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden" (HundeVO) als auch die Allgemeine Gefahrenabwehrverordnung der Stadt Gießen, "dass Hunde so zu halten und zu führen sind, dass von ihnen keine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht", verdeutlicht Claudia Boje. Sie dürfen sich außerhalb des eingefriedeten Besitztums der Halterin oder des Halters nicht unbeaufsichtigt bewegen.
"Nach Studium des Briefes ist festzustellen, dass die Aufsicht für den benannten Hund definitiv nicht ausreichend war", ergänzt die Stadtsprecherin. Immerhin sei der Hund der Beschwerde zufolge ungehindert auf Olga Seibert zugerannt und habe sie angesprungen. Damit handele es sich um ein "unkorrektes Verhalten" des Halters, das bußgeldbewährt sei. Streng genommen dürfe ein Hund, der nicht so erzogen ist, dass er jederzeit sofort auf Weisungen reagiert, in der Öffentlichkeit nicht unangeleint laufen gelassen werden.
Von Benjamin Lemper