Gießen: Stadt ohne Meer mit perfekter Welle

Warten auf den Einsatz: Die passenden Bretter haben die Surfer schon, die Maske wird vielleicht überflüssig. Foto: Leyendecker
© Leyendecker

Wie wäre es mit einer Surfwelle mitten auf der Lahn? Das Vorbild der "Lahnwelle" ist die Isar in München, auf der Begeisterte mit Brettern übers Wasser gleiten. Die Stadt...

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GIESSEN. Wer der Lust am Surfen nachgehen möchte, der fliegt gern auch mal um die halbe Welt. Ob Hawaii, Bali oder Australien, die bekannten Orte für den Brettersport liegen weit entfernt von Mittelhessen. Wie wäre es also mit einer Surfwelle mitten auf der Lahn? Das hätte einige Vorteile, auch für das Gießener Klimaziel 2035. Statt lange Flugreisen eine bequeme Anreise mit dem Fahrrad und dann ab ins kühle Nass. Die Gruppe "Lahnwelle" rund um Paul Schmidt und seinen Mitstreitern Holger Klass, Daniel Sticher und Jan Ole Eilers haben genau diese Vision und die engagierten Wassersportler haben sie direkt Bürgermeister Peter Neidel vorgelegt. Der war von der Idee schlichtweg begeistert. "Eine tolle Idee mit einer großen Strahlkraft für Gießen", war die erste Reaktion des CDU-Politikers.

Vorbild für die "Lahnwelle" ist die Flusswelle in München, durch die sich die Isar teilweise in ein wahres Surferparadies verwandelt, obwohl das Meer knapp 500 Kilometer entfernt liegt. Bevor das Projekt starten kann, muss zunächst eine Machbarkeitsstudie erfolgen, die prüfen soll, ob die Lahn dafür überhaupt geeignet ist. Mit der Studie betraut wurde der Fachmann Prof. Markus Aufleger. Dieser betreut momentan das Projekt einer künstlichen Welle in Nürnberg.

Unterstützung von Musikern

Dass die Idee Hand und Fuß hat, belegt auch, dass in weniger als 14 Tagen bereits über 1000 Follower auf Instagram waren und die Gruppe hunderte Nachrichten von begeisterten Sportlern erhielt, so das Projektteam. Auch lokale Größen wie Juli und OK KID unterstützen das Projekt "Lahnwelle" und hoffen, dass eines Tages "die perfekte Welle" durch die "Stadt ohne Meer" fließt. Bis dahin ist es jedoch auch zeitlich und finanziell noch ein weiter Weg, so Schmidt. "Sollte das alles so klappen, dauert das Projekt zwischen drei und sieben Jahre. Die günstigste Variante kostet um die 70 000 Euro, wenn man dafür viel Eigenleistung erbringt", berichtet der Initiator. Eine Finanzierung wäre beispielsweise durch EU-Förderprojekte möglich. Doch wie genau soll die "Lahnwelle" funktionieren?

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Am Wehr soll eine Rampe befestigt werden, deren Winkel sich flexibel verstellen lässt. Das abfließende Wasser wird verlangsamt und erzeugt so eine stehende Welle. Je stärker der Winkel ist, umso größer sei die erzeugte Welle. "Emissionsfrei und nur durch die Kraft des Wassers", betont das Team. Voraussetzung dafür ist es jedoch, Teile der Lahn vorher trocken zu legen, damit die Bauarbeiten durchgeführt werden können. Dafür ist es eben auch nötig, dass mehrere Fraktionen mit ins Boot geholt werden, meint die Gruppe. "Wir haben mit Anglern geredet, mit Wassersportlern und all denjenigen, die ihre Zeit an der Lahn verbringen. Die sind von dem Projekt auch begeistert und haben Bock drauf", erzählt Schmidt. Gleichzeitig wird in der Machbarkeitsstudie auch geprüft, welche Einflüsse das Projekt auf die Natur und das Wasserschutzgebiet haben könnte. Der Geschäftsführer der Gießen Marketing, Frank Hölscheidt, sieht dort aber wenig Bedenken. Man habe bereits mit mehreren Interessensvertretern gesprochen. "Von keiner Seite wurde uns gesagt, dass das Projekt vollkommen unrealistisch ist, im Gegenteil".

Für Neidel hat das Projekt viel Potenzial. "Die Lahn wird immer mehr zum Lebensraum werden. Da passt doch so etwas wie eine Surfwelle perfekt rein", meint der Bürgermeister. Die Jungs von "Lahnwelle" und die Gießen Marketing arbeiten eng zusammen und so sah Neidel keine Bedenken, die Machbarkeitsstudie in die Wege zu leiten. "Ist die Welle überhaupt möglich? Ist es realisierbar und wenn ja, wie? All das wissen wir im Sommer", berichtet der Christdemokrat. Dann soll das Ergebnis der Machbarkeitsstudie vorliegen, welche die Frage beantwortet, ob es künftig auch ein Hessisch Hawaii an der Lahn geben kann. Falls dem so ist, dann wäre das aus Sicht aller Beteiligten ein Projekt, das auch Leute aus anderen Gebieten anziehen könnte. "Das wäre eine außergewöhnliche Attraktion für Gießen. Diese passt zu unserer jungen und lebendigen Stadt", so Neidel. Somit würde sich auch der Tourismusstandort in Mittelhessen neu aufstellen, meint auch Hölscheidt. "Uns ist es wichtig, dass Natur und Stadt im Einklang sind. Das Projekt könnte für uns alle förderlich sein", meint auch Schmidt. Nun wartet man gespannt auf das Ergebnis der Machbarkeitsstudie.