Die Kneipen- und Pub-Betreiber in Gießen leiden wie andere Gastronomen unter den anhaltenden Schließungen. Die Sorgen gelten ebenso den Mitarbeitern. "Man kriegt es echt an...
GIESSEN. "Ein Pint in der Hand, ein Hut auf dem Kopf, eine Band auf der Bühne und ein Lächeln im Gesicht": So wurde der St. Patricks Day in Vor-Corona-Zeiten nicht nur im "Peter and Erls Irish Pub Gießen" am 17. März begangen. Auf den Tag genau fiel der irische Feiertag 2020 mit dem Start des ersten Lockdowns zusammen. Dass Betreiber Christian Peteranderl ein ganzes Jahr später die Türen bis auf kleine Ausnahmen immer noch verschlossen halten muss, hätte zu diesem Zeitpunkt keiner gedacht. "Dieser Feiertag war immer etwas, was unsere Gäste und unsere Belegschaft gemeinsam gefeiert haben" ist auf der Facebookseite der Gaststätte zu lesen. Und weiter heißt es: "Alle Hoffnungen waren auf 2021 gerichtet, aber, Ihr wisst es selbst, wir sind da nicht so schnell, wie wir es uns gewünscht hatten. Ich stimme nicht mit ein in das Wirrwarr aus Meinungen, Schimpftiraden und Anfeindungen Politik und manchmal auch Wissenschaft gegenüber. Die Pandemie kam nun mal, ist nun mal geblieben und wird nun mal noch bleiben." Dennoch nagen auch manchmal Momente der Unsicherheit und des Zweifels ob einer munteren Zukunft an der Kneipentheke am Wirt. Eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne 2020 zeigte, dass die Stammgäste bereit sind, ihren "Laden" auch in schwierigen Zeiten zu unterstützen. Eine Weitere wird folgen, falls sich die Situation nicht grundlegend ändern wird. Nicht nur für die Sicherung von Miete und laufenden Verträgen, sondern insbesondere auch, um Mitarbeiter nicht entlassen zu müssen.
Die Hoffnung auf baldige Öffnung hat auch der Betreiber des "Kaffee Wolkenlos", Haiko Schimpf, zunächst aufgeben. Die optimistische Ankündigung "Öffnung am 01.04.", die vor der Kneipe auf einem Brett zu lesen ist, wurde gestrichen und durch ein "Suche Job!" ersetzt. "Ich fühle mich, als hätte die Schwerkraft oder der Luftdruck zugenommen. Alles fällt einem schwerer, die Leichtigkeit ist weg", so der langjährige Kneipier, der neben allem auch noch seine drei Kinder im Homeschooling betreut. Finanzielle Hilfe kam für die abendliche Anlaufstelle für Fußballübertragungen, Tatort-Abende und das gemütliche Pils an der holzvertäfelten Theke zeitversetzt. Jedoch müssen alle Kosten für den Lebensunterhalt aus dem Ersparten bedient werden. "Meine große Hoffnung ist, dass der Biergarten zeitnah aufmachen kann", sagt Schimpf.
Biergarten sommerfertig
Ein paar Straßen weiter in der Ludwigstraße wird auch im Biergarten des "Apfelbaumes" fleißig gearbeitet. "Wir machen den Biergarten sommerfertig, um bei Startschuss gerüstet zu sein", sagt Betreiber Torsten Ströher optimistisch. Die Leitungen sind gespült, die Kühlschränke gereinigt. Normalerweise wird um den 1. Mai herum geöffnet. "Das Ganze wird uns sicher noch lange begleiten, wir werden sicher noch lange Maske tragen und uns dauerhaft impfen lassen müssen." Trotzdem hält das Bild von fröhlichen Menschen, die im Biergarten beieinander sitzen, sich umarmen und Hände schütteln, den Gastronomen über Wasser. "Wenn alle die Arschbacken zusammenkneifen, dann wird das auch wieder", prognostiziert der Betreiber des "Apfelbaumes" und des "Klimbims". Mit den Hilfen habe es großteils geklappt, und "wer noch ein finanzielles Polster hat, der sollte halbwegs über die Runden kommen. Man kann das schon eine Weile aushalten", so Ströher, "aber irgendwann kriegt man es echt an die Nerven."
Nerven, die nicht nur in dieser Stadt viele Gastronomen bewahren müssen. Christian Peteranderl hat zur Beruhigung ein ganz besonderes Motiv: "Es ist ein Bild, das ich im Kopf habe, ein Bild von einem vollen Pub, von freudestrahlenden Menschen, von euphorischer Musik, von Hüten, von Pints, von Tanzen, Lachen, Trinken, Feiern. Ein Bild von meinen Mitarbeitern, die sich die Hacken ablaufen, Bier zapfen und dabei fröhlich sind. Dieses Bild lässt mich den Kopf hochhalten und weitermachen, durchhalten, weil ich mir denke: Der Moment kommt, da werden wir wieder gebraucht. Da werden wir dringend gebraucht."