Nach dem Beschluss des hessischen Verwaltungsgerichtshofs zum Gießener Verkehrsversuch hat Oberbürgermeister Becher Stellung bezogen. Darum ist die Beschilderung dennoch gültig.
Gießen. In einer Mitteilung teilt der Gießener Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher mit: „Es lässt sich nicht beschönigen, dass dieses höchstrichterliche Aus für den Verkehrsversuch auf unterschiedlichen Ebenen ein Rückschlag für unsere Stadt ist.“ Dabei bedauere er ganz besonders, dass nach den Debatten nun nicht mehr möglich sein werde, die neue Verkehrsführung in der Praxis zu beurteilen.
Die derzeitige Straßenverkehrsordnung des VGH ließe nur enge Spielräume für einen Verkehrsversuch dieser Größenordnung, hieß es weiter in der Mitteilung. Darum sei eine verkehrspolitische Umsteuerung unter den gegenwärtigen Gesetzen nur in sehr kleinen Schritten möglich. „Darunter leidet nicht nur die Stadt Gießen, sondern auch die vielen anderen Städte, die den innerstädtischen Verkehr neu regeln wollen“, teilt Oberbürgermeister Becher mit.
Er begrüße die Anstrengungen auf Bundesebene für eine Reform des Straßenverkehrsrechts, damit den Zielen Klima- und Umweltschutz, Gesundheit und städtebauliche Entwicklung mehr Spielraum eingeräumt werde. Dies sei angesichts weiter wachsender Städte und des Klimawandels auf lokalpolitischer Ebene unabdingbar und ein „einfaches Weiter-so nicht dauerhaft tragfähig“.
Der Rückbau der Verkehrsführung braucht Zeit und Geduld
Nun gehe es aber darum, dass der Versuch abgebrochen und die Verkehrsführung zügig, aber verantwortungsvoll zurückgebaut werde. Die Planungen laufen bereits, es brauche aber Zeit und Geduld.
Die verkehrliche Zukunft des Anlagenrings sei weiterhin Thema. Bei den Debatten wünsche sich Oberbürgermeister Becher, dass diese ohne „übertriebene Zuspitzungen und Skandalisierung“ geführt werden können. „Die Demokratie in unserer Stadt lebt vom sachlichen, konstruktiven Streit um die besten Ideen. Diese eine Idee ist nun gescheitert“, teilt Becher mit. Dennoch müsse auch nach der Rückabwicklung des Verkehrsversuchs eine Lösung für die Zukunft des Radverkehrs in Gießen gefunden werden.
„Das ärgerliche Scheitern vor dem VGH nötigt uns aber auch ab, kritisch auf die einzelnen Prozessschritte zu blicken“, heißt es weiterhin in der Mitteilung. Diese werde Becher verwaltungsintern aufarbeiten lassen und entsprechend in den kommenden Wochen mit den Beteiligten und Verantwortlichen eine intensive Auswertung und eine transparente Kostenanalyse vornehmen.
Gießener Grüne sehen keinen Grund für Rücktritt
Auf diese Ankündigung reagieren Vera Strobel und Fabian Mirold-Stroh von den Grünen aus dem Gießener Stadtparlament. „Ganz entschieden weisen wir die Rücktrittsforderung an Bürgermeister Alexander Wright zurück“, teilen sie in Hinblick auf die Forderungen aus der Opposition mit. Aus ihrer Sicht habe der Bürgermeister eine angemessene Abwägung zwischen unterschiedlichen Interessen der Verkehrsteilnehmer getroffen. „Bürgermeister Wright hat innerhalb kürzester Zeit enorme Verbesserungen für den Rad- und Fußverkehr auf den Weg gebracht. Er ist genau die richtige Person, weitere dringend notwendige Veränderungen der Nahmobilität umzusetzen“, resümieren die beiden Stadtverordneten aus dem Gießener Parlament
Die Verkehrsbeschilderung behält zunächst ihre Gültigkeit
Aus einer weiteren Mitteilung der Stadt Gießen geht hervor, dass die derzeit ausgeschilderte Verkehrsführung noch bis zum Rückbau der einzelnen Abschnitte des Anlagenrings gilt. Dies sei zur Gewährleistung der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden unbedingt einzuhalten. So sei die Nutzung der inneren Fahrspuren weiterhin nur für den ÖPNV und Radfahrenden möglich.
Da es bereits zu einigen Beobachtungen von Verkehrsverstößen mit hohem Unfallrisiko kam und um Missverständnissen vorzubeugen, weist die Stadt Gießen ausdrücklich darauf hin, dass die Beschilderungen weiterhin gültig sind.