Kommt Verpackungssteuer in Gießen?

Auf Anregung von Gigg+Volt prüft der Magistrat die Einführung einer Verpackungssteuer. Sie soll Müll vermeiden helfen. Symbolfoto: Alexander Heinl, dpa
© Alexander Heinl, dpa

Die Fraktionsgemeinschaft Gigg+Volt schlägt eine Verpackungssteuer in Gießen vor. Tübinger Steuersätze könnten als Vorbild dienen.

Anzeige

GIESSEN. Müll. Besser: zurückgelassener Müll. Er ist eines der Probleme der großen Partys auf dem Uni-Vorplatz und auf den Lahnwiesen in der jüngsten Vergangenheit. Doch so weit muss man nicht gehen: "Immer mehr Menschen essen auswärts oder lassen sich beliefern, denn das ist bequem. Der Verpackungsmüll landet dann aber nicht selten in der Lahn", sagt Frank Schuchard von Gigg+Volt. Als einen Vorschlag zur Lösung der Probleme hat die Fraktionsgemeinschaft am Montag im Haupt- und Finanzausschuss die Erhebung einer Verpackungssteuer angeregt. Flankiert werden soll sie von einer finanziellen Unterstützung von Gastronomen bei der Einführung von Mehrwegsystemen. Am Ende übernahm Gigg+Volt einen Änderungsantrag der Grünen. Er sieht vom unmittelbaren Beschluss der Steuer zunächst ab.

"Unser Antrag besteht im Grunde aus drei Teilen", erläuterte Schuchard, der das Papier der Fraktionsgemeinschaft einbrachte. Neben dem Beschluss der Steuer möchten die Partner den Magistrat beauftragen, einen entsprechenden Satzungsentwurf zu erarbeiten. Er soll daneben auch ein Förderkonzept für die Gastronomie zur Einführung von Mehrwegsystemen entwickeln. "Auf diese Weise kommt die Stadt Gießen ihrer Lenkungsaufgabe in Sachen Klimaschutz und Müllvermeidung nach, macht die Gießener Gastrobetriebe fit für künftige EU- und deutschlandweite Verpackungsnormen und schafft ein gerechtes System ganz ohne Verbote", heißt es in der Antragsbegründung.

Gezieltes Instrument

Da es bislang keine Erfahrungswerte gebe, schlägt die Fraktionsgemeinschaft vor, die Steuersätze aus Tübingen zu übernehmen. Konkret: je Einwegverpackung für Getränke oder Lebensmittel 50 Cent, je Einwegbesteckteil 20 Cent. Bei niedrigeren Steuersätzen bestehe "die Gefahr, dass die beabsichtigte Lenkungswirkung (weniger Konsum in Einwegverpackungen, mehr Mehrwegverpackungen) nicht eintritt", schreibt Gigg+Volt in der Antragsbegründung. Die Steuer sei ein gezieltes Instrument zur Reduzierung von Müll, resümierte Schuchard bei der Einbringung.

Anzeige

"Bei mir rennen Sie offene Türen ein, was das Ziel angeht", entgegnete Stadträtin Gerda Weigel-Greilich von den Grünen. In Tübingen sei die Satzung erst ab 1. Januar 2022 in Kraft, sodass man in der Stadt noch über keine Erfahrungen verfüge. Daneben verwies die Politikerin auf die Normenkontrollklage einer Restaurantkette, der sich Tübingen zu stellen hat. "Und wir müssen als Steuerzahler leider sowieso zahlen", verwies die Stadträtin unter anderem auf Müllgebühren. Die Verwaltung könne eine entsprechende Steuer vorbereiten, aber es sei nicht sinnvoll, sie einzuführen, so lange "noch Musterklagen auf dem Weg sind." Letztlich handele es sich auch um die Frage der Umstellung der Verbraucher, meinte Melanie Tepe von der Fraktion "Gießener Linke". Sie regte an, den Beschlussantrag von Gigg+Volt in einen Prüfantrag umzuwandeln. Als "absolut falsches Signal in der jetzigen Situation" betrachtete Fraktionsvorsitzender Dominik Erb von der FDP die Steueridee. Er verwies auf die Lage der Betriebe während der Pandemie, regte aber an, mit Akteuren am Thema zu arbeiten. "Vielen Gastronomen geht es mittlerweile schon wieder gut", entgegnete Günter Helmchen von den Freien Wählern, der von einer "super Idee" sprach. "Den Grundgedanken unterstützen wir", formulierte Martin Schlicksupp die Position der CDU-Fraktion. "Wir haben selber im Koalitionsvertrag stehen, dass wir so eine Steuer gerne hätten. Deshalb sind wir uns beim Ziel einig", betonte Grünen-Fraktionsvorsitzender Alexander Wright, der den Änderungsantrag der Grünen einbrachte.

Satzung erarbeiten

Er sieht vor, auf einen unmittelbaren Beschluss der Steuer zu verzichten. Stattdessen wird der Magistrat beauftragt, einen "Satzungsentwurf für die Erhebung einer Verpackungssteuer zu erarbeiten, über den möglichst zeitnah, spätestens jedoch bis Ende des Jahres 2021, in der Stadtverordnetenversammlung abgestimmt wird." Weiterer Auftrag des Änderungsantrags an den Magistrat: Er soll ein Förderkonzept zur Umstellung auf Mehrwegsysteme in der Gastronomie zeitnah prüfen. "Gießener Linke", SPD, Grüne, Freie Wähler und Gigg+Volt stimmten für den so geänderten Antrag, der damit bei einer Gegenstimme der FDP angenommen wurde. CDU und AfD enthielten sich. Das Votum der Stadtverordnetenversammlung steht noch aus.