Kritik an "katastrophale Bussituation" für Schüler in Gießen

Nach Schulschluss gegen 13 Uhr herrscht an der GGO häufig Gedränge beim Einstieg in den Bus. Stadtschülerrat/Screenshot: Schäfer

Junis Poos, Schulsprecher der Gesamtschule Gießen-Ost, kritisiert im Fahrgastbeirat die "katastrophale Bussituation" in der Stadt. Die SWG signalisieren Gesprächsbereitschaft.

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GIESSEN. Es klingt simpel: Aber manchmal hilft es einfach, sich an einen Tisch zu setzen, zu reden und nach Lösungen zu suchen - oder zumindest strittige Punkte zu beseitigen. Das ist nun auch in der jüngsten Sitzung des Gießener Fahrgastbeirates angebahnt worden. Dort hatte nämlich Junis Poos, Schulsprecher der Gesamtschule Gießen-Ost (GGO), die "katastrophale Bussituation" in Gießen beklagt. Daher sei es kein Wunder, dass immer mehr Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen. Anne Müller-Kreutz, Leiterin Nahverkehr-Service bei den Stadtwerken Gießen, signalisierte Gesprächsbereitschaft. Auch die Stadt und Elternbeiräte sollen eingebunden werden

Die Corona-Pandemie habe das Problem sogar verschärft, so Junis Poos. Zwar seien weniger Menschen in der Schule. "Aber was nützt es, in den Klassenräumen und Lerngruppen penibel auf Abstand zu achten und zu lüften, wenn sich auf dem Schulweg alle ohne Abstand oder frische Luft begegnen?" Auch auf lange Sicht seien daher in Gießen mehr Busse zu den Stoßzeiten erforderlich. Zugleich monierte der GGO-Sprecher, dass dieses Problem nun bereits seit vielen Jahren existiere, aber immer noch nicht gelöst sei. Angeblich scheitere es am Geld, an zu wenig Personal und zu wenig Bussen. "Aber das Geld ist nur eine Frage des politischen Willens und der Rest nur eine Frage der Kreativität", ist Junis Poos überzeugt.

Ende vergangenen Jahres war an der GGO eine Umfrage zur Bussituation initiiert worden, um konkretere Daten zu ermitteln. 20 Prozent der Schüler hätten sich daran beteiligt. "Dabei ist Erschreckendes herausgekommen", so der Schulsprecher. "Mehr als die Hälfte der Schüler sagt, dass die Linie 801 morgens und mittags immer - mit wenigen Ausnahmen - zu voll sei." Die Frage nach weiteren zu vollen Linien habe 150 Aussagen erbracht. "Das lässt uns vermuten, dass wir einem Gießen-weiten Problem auf den Fersen sind." Folgende Linien seien von regelmäßigen Überfüllungen - vor allem durch Schüler - betroffen: 1 - 3 - 12 - 13 - 15 - 21 - 22 - 24 - 41 - 310 - 371 - 375 - 377 - 379 - RB25 - RB46.

"Viehtransport-ähnlich"

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Obwohl vier Personen je Quadratmeter im Bus gerade noch erträglich seien, rechneten die Busunternehmen mit sechs bis sieben Personen, kritisierte Patrik Jacob vom Vorstand des VCD-Kreisverbands Gießen. Jürgen Priem vom Fahrgastbeirat Wetterau schlug vor, zwei oder drei Jahrgänge mit zeitlich versetztem Unterricht beginnen und damit auch enden zu lassen, um den Andrang zu den Stoßzeiten zu entkrampfen. Gerhard Muth-Born von der Verkehrsabteilung des Zweckverbandes Oberhessische Versorgungsbetriebe (ZOV) stellte "Anhänger-Busse wie im Main-Kinzig-Kreis" als Option zur Debatte. Auch dürften Reisebusse eingesetzt werden, obwohl sie keine Barrierefreiheit und keinen Platz für Rollstühle, Rollatoren oder Kinderwagen bieten. Die SWG könnten zudem flexibler agieren als die Verkehrsgesellschaft Oberhessen (VGO), die alle Leistungen europaweit ausschreiben müsse. Ebenfalls bekamen die Fahrgäste selbst ihr Fett weg: "Man will meistens den ersten Bus nehmen und beklagt sich dann über Viehtransport-ähnliche Verhältnisse. Doch die Bereitschaft, in den fast leeren Bus nebenan einzusteigen, ist nahezu null."