Landgericht: 62-Jähriger wegen Heroinhandels in Gießen angeklagt

Der erste Prozesstag im Externen Sitzungssaal 1 des Landgerichts endete bereits nach der Anklageverlesung. Foto: Mosel
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In und unter seinem Bett hatte ein Großvater aus einer Kreisgemeinde laut Anklage mehr als anderthalb Pfund Heroin versteckt. Er soll regelmäßig in Gießen mit großen Mengen...

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GIESSEN. Eine Glasscheibe trennt den 62-Jährigen von seinen etwa gleichaltrigen Bekannten. Sie winken sich kurz zu, lächeln. Während sich eine Handvoll Unterstützer im Zuschauerbereich Plätze in der ersten Reihe sichert, wird der Angeklagte von einem Justizwachtmeister aus der Untersuchungshaft in den Externen Sitzungssaal am Stolzenmorgen geführt. Denn der PC-Techniker muss sich wegen des Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vor der Sechsten Großen Strafkammer des Gießener Landgerichts verantworten. Ihm wird vorgeworfen, einen Mann und eine Frau regelmäßig mit Heroin versorgt zu haben. Nachdem er in einer Polizeikontrolle aufgeflogen war, wurden in der Wohnung des Mannes aus dem Kreisgebiet mehr als anderthalb Pfund harter Drogen gefunden. Zur "Absicherung" sollen vier Messer griffbereit in unmittelbarer Nähe der Verstecke deponiert gewesen sein.

Zwei Kilo Streckmittel

Spätestens Mitte vergangenen Jahres hat der dreifache Großvater laut Anklage damit begonnen, große Mengen Rauschgift "zum gewinnbringenden Weiterverkauf" an die beiden Gießener auszuliefern, gegen die jeweils ein gesondertes Ermittlungsverfahren läuft. Staatsanwältin Mareen Fischer zählt elf Taten zwischen Mai und November auf, teils im Abstand nur weniger Tage. Der Drogenhandel lief demnach immer gleich ab: Im Vorfeld wurde der Angeklagte von der Frau telefonisch kontaktiert, um eine Übergabezeit zu vereinbaren. Der 62-jährige Deutsche brachte dann jeweils rund 80 Gramm Heroin zu der Wohnanschrift seiner "Kunden" im Gießener Südviertel und erhielt hierfür "einen bislang unbekannten Kaufpreis". Am Nachmittag des 16. November wurde der Angeklagte nahe des Übergabeortes dann von der Polizei angehalten; er hatte wieder 80 Gramm Heroin sowie zwei Gramm Kokain bei sich. Neben den Drogen, die offenbar ebenfalls zum Weiterverkauf bestimmt waren, stellten die Beamten 175 Euro Bargeld sicher. Gut zwei Stunden später wurde daraufhin die Wohnung des Mannes in einer Kreisgemeinde durchsucht. In seinem Schlafzimmer stießen die Polizisten wohl auf gleich mehrere Rauschgiftverstecke. Das größte Lager befand sich laut Anklage unter dem Bett: In einer auf Kopfhöhe abgelegten Tüte waren insgesamt rund 645 Gramm Heroin mit unterschiedlichem Wirkstoffgehalt sowie 37 Gramm Kokain verpackt. Unter der Bettdecke des Mannes fanden die Polizisten weitere 46 Gramm Heroin. Und unter seinem Kopfkissen lag zudem "ein, wie er wusste, zugriffsbereites Messer mit einer Klingenlänge von 18 Zentimetern, welches der Absicherung seiner Betäubungsmittelgeschäfte diente", erläutert Mareen Fischer. An verschiedenen Stellen im Schlaf- und Arbeitszimmer habe der Angeklagte außerdem mehr als zwei Kilo Streckmittel, eine Feinwaage sowie eine "Schuldenliste" aufbewahrt.

Einlassung angekündigt

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Die Strafverfolgerin führt aus, dass darüber hinaus insgesamt 6035 Euro sichergestellt werden konnten; der Betrag sei "in szenetypischer Stückelung" in der Nachttischschublade beziehungsweise in einem Waschlappen sowie einem Aktenkoffer aufbewahrt worden. Weitere 90 Gramm Heroin und 10 Gramm Kokain sollen noch im Flur versteckt gewesen sein. "Direkt daneben", so die Staatsanwältin, lagen ein Einhandmesser und zwei Taschenmesser bereit, "um im Bedarfsfall einen zur Verletzung von Personen geeigneten Gegenstand zur Hand zu haben".

Der erste Prozesstag endete bereits nach der Verlesung der Anklageschrift. Verteidigerin Christiane Bender hat allerdings bereits angekündigt, dass sich ihr Mandant im Fortsetzungstermin am kommenden Freitag sowohl zu den vorgeworfenen Drogengeschäften als auch zu seinen persönlichen Verhältnissen äußern möchte. Dann soll auch ein psychiatrischer Sachverständiger anwesend sein.

Von Jasmin Mosel