Mieterverein Gießen fordert Verzicht auf Mieterhöhungen

In den letzten Jahren sind einige Sozialwohnungen entstanden. Nicht genug, mahnt der Mieterverein.  Symbolfoto: Scholz
© Scholz

"Sozialquote" und Verzicht auf Mieterhöhungen in der Corona-Pandemie: Der Mieterverein Gießen hat seine Forderungen zur städtischen Wohnungsbaupolitik an den künftigen...

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GIESSEN. Die Ergebnisse der städtischen Wohnungspolitik in Gießen in den letzten fünf Jahren waren aus Sicht der Mieter wenig zufriedenstellend. Ein behäbiges "Weiter so" darf es nicht geben, betont der Mieterverein Gießen und hat nun seine Forderungen an den neuen Magistrat unter Führung der Grünen formuliert und teilt diese hier mit. Dabei steht eine Änderung der Unternehmenspolitik der städtischen Wohnbau im Vordergrund, auf die die Kommunalpolitik mit ihren Vertretern im Verwaltungsrat Einfluss nehmen kann. "Wir wiederholen unser altes Verlangen, dass die jährliche Gewinnausschüttung des Unternehmens an die Stadt unterbleibt und der Betrag den Bau-Investitionen im Unternehmen zugeführt wird", so der Vorsitzende des Mietervereins, Stefan Kaisers, in dem Presseanschreiben. Der Einnahmeausfall für die Stadt halte sich in engen Grenzen.

Wegen der Corona-Krise sollte die Wohnbau bis Ende 2021 auf Mieterhöhungen ganz verzichten, um ihre Mieter, viele davon in Kurzarbeit oder ohne Arbeit, nicht weiter zu belasten. Danach sollte für drei bis fünf Jahre ein Mieterhöhungsmoratorium gelten, das heißt, die Miete steigt nur im Rahmen eines Inflationsausgleichs. "Die Investitionskraft der Wohnbau wird damit nicht über Gebühr beeinträchtigt."

Was die energetische Modernisierung des Wohnungsbestandes angeht, ist über andere Formen der technischen Umsetzung nachzudenken, die gleichermaßen dem Aspekt der Nachhaltigkeit/Ökologie und der Kosten besser Rechnung tragen. So müsse die Fassadendämmung mit dem nicht nachhaltigen Problembaustoff Polystyrol aufhören. Auch über die teuren, stromfressenden Anlagen zur Zwangsbelüftung in modernisierten Wohnungen müsse man nachdenken. Das im Ansatz positive System der Mietermitbestimmung bei der Wohnbau sei auszubauen, die Rechte der Mieter im Unternehmen sollten gestärkt werden.

"Um den Zielen des Wohnraumversorgungskonzeptes zur Schaffung von 1500 neuen Sozialwohnungen bis 2030 gerecht zu werden, muss die Stadt zügig mit der Planung von weiteren 400 bis 500 neuen öffentlich geförderten Wohnungen beginnen. Die Erfahrung lehrt, dass ein solcher Prozess sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, zumal es immer schwieriger wird, neues Bauland zu bekommen, das noch bezahlbar ist," heißt es seitens des Mietervereins. In dem Kontext gewinne die "Sozialquote" (anteiliger Bau von Sozialwohnungen in privaten Bauprojekten) eine große Bedeutung. "Bei allen Wohnungsbauvorhaben von 50 Wohnungen aufwärts ist ein Anteil von mindestens 25 Prozent Sozialwohnungen zu verlangen. Das schlägt auch das Wohnraumversorgungskonzept vor."

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Leerstandskataster

"Der weiteren Gentrifizierungsentwicklung in der Stadt muss man konsequent entgegenwirken, die Stadt hat bei Kernsanierungsvorhaben eines alten Wohngebäudes geeignete Gegenmaßnahmen des Planungsrechtes zu ergreifen wie z.B. Veränderungssperren, eine Bauleitplanung oder die Ausübung des Vorkaufsrechtes. Investoren dürfen nicht freie Hand haben, ihre Profitinteressen gegen die Mieter durchzusetzen", verlangt Kaisers.

Da die Grünen in Gießen stark an Einfluss gewonnen haben, müssen sie das nutzen, um bei der hessischen Landesregierung, an der sie auch beteiligt sind, dafür einzutreten, dass das Land seinen Widerstand gegen die Schaffung einer neuen Zweckentfremdungs- und Leerstandsverordnung aufgibt. Diese Rechtsgrundlage ist notwendig, damit die Kommunen wieder ein Leerstandskataster anlegen können, um so neuen Wohnraum zu aktivieren, heißt es, und weiter: "Damit ein Stück wirkliche Bürgerbeteiligung erreicht wird, muss die Stadt die Koordinierungsgruppe Soziale Wohnraumversorgung aktivieren. Das Gremium hat seit mehr als zwei Jahren nicht mehr getagt."