Sozialen Druck auf Gießens Masken-Muffel erhöhen

Mit rund hundert Plakaten will Bürgermeister Peter Neidel in der Fußgängerzone zum Tragen von Masken aufrufen.      Foto: Berghöfer
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Die Hinweisschilder, die die Stadt jetzt in der Fußgängerzone aufstellt, sind bewusst vage formuliert und damit "zukunftssicher", falls die Corona-Regeln weiter verschärft werden.

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GIESSEN. "Bitte denken Sie an die Maskenpflicht!" steht auf den Plakaten, die künftig rund um und innerhalb der Gießener Fußgängerzone hängen werden. Das Erste hängte Bürgermeister Peter Neidel am Freitag auf dem Marktplatz auf. Nur, die Maskenpflicht, die gibt es in ganz Gießen derzeit nicht. Während die Passanten, die vis-à-vis der Volksbankfiliale an dem Schild vorbeigehen, nämlich keine Maske tragen müssen, so sie denn ausreichenden Abstand zu anderen Menschen einhalten, sieht das ein paar Meter weiter schon anders aus. Wer auf den dort stehenden Bänken auf den nächsten Bus wartet oder diesen auch benutzt, der muss einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Das wird auch vom Ordnungsamt streng kontrolliert, wie am Freitag vor Ort zu sehen war.

"Die Formulierung ist so gewählt, dass sie auch dann gültig ist, wenn in den nächsten Wochen die gesetzlichen Regelungen verschärft werden sollten", betont Neidel, der die Schilder gemeinsam mit Ordnungsamtsleiter Alexander Steiß, Abteilungsleiter im Ordnungsamt, Dirk Drebes, und dem Leiter der Wirtschaftsförderung, Frank Hölscheidt, vorstellte. Eine Maskenpflicht für die ganze Innenstadt sei schwierig. "Dann kann ein Angestellter auch nicht in seiner Mittagspause vor die Tür gehen und eine Zigarette rauchen", meint der Bürgermeister.

Sozialen Druck aufbauen

Die wichtigste Funktion der neuen Schilder sei es, die Menschen daran zu erinnern, eine Schutzmaske zu tragen. Bei den Kontrollen habe sich gezeigt, dass die meisten Maskenmuffel diese schlicht aus Vergesslichkeit nicht tragen würden, sagte Drebes. Echte Maskengegner gebe es in Gießen zwar auch, doch das sei nur eine Handvoll. Die Zahl der Parksünder sei in Gießen immer noch höher als die der Querdenker. Wobei Erstere derzeit nicht so stark kontrolliert werden könnten wie in Nicht-Pandemie-Zeiten. Dafür reiche nicht das Personal. Deshalb hoffe man auch, dass die Schilder einen gewissen sozialen Druck auf maskenlose Zeitgenossen aufbauen. Drebes betonte, dass es keineswegs darum gehe, das Stadtsäckel mit der jeweils fälligen Mahngebühr von 50 Euro bei Barzahlung und 75 Euro, falls ein Mahnbescheid von der Kreistagsverwaltung nötig wird, zu füllen. "So viele Strafzettel könnten wir auch gar nicht schreiben." Obwohl Gießen stolz auf seine bunte Stadtgesellschaft ist, sind alle Mahnschilder allerdings nur deutsch beschriftet. "Dafür haben wir ja auch die Piktogramme", betont Bürgermeister Neidel. Die sollte ja nun wirklich jeder verstehen.

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Eine erste positive Bilanz zieht Neidel beim Alkoholverbot. Dessen Umsetzung gestalte sich - auch vom schlechten Wetter unterstützt - weitgehend problemlos. Das Nachtleben sei in der Stadt praktisch zum Erliegen gekommen. Damit dieses Fazit nicht auch für den Einzelhandel gilt, forderte Hölscheidt die Bürger auf, trotz Corona nicht auf Einkäufe in der Gießener Innenstadt zu verzichten, oder aber zumindest die Helferplattform für lokale Händler "Heimatschatz Gießen" für den Onlinekauf zu nutzen, damit die Kaufkraft in der Region bleibe und die Innenstädte trotz der schwierigen Lage in der Pandemie nicht verödeten. Gleiches gelte auch für die Gastronomie, die derzeit zwar Essen bringen oder an Selbstabholer abgeben dürfen. Doch die Bratwurst muss der Kunde dann mit nach Hause nehmen. Essen darf er sie auf dem Seltersweg derzeit nicht.

Von Ingo Bergöfer