Der falsche Zebrastreifen in der Gießener Gnauthstraße ist verschwunden. Aber die Idee stieß auf Zustimmung. Um dort die Zulässigkeit und Notwendigkeit eines solchen...
GIESSEN. In seiner Schulweg-Hitparade hat Rolf Zuchowski bereits vor Jahren den Sinn eines Fußgängerüberweges besungen: "Fast überall ist viel Verkehr / Die Autos fahren hin und her / Und oft steh' ich am Fahrbahnrand / Und denk', das ist doch allerhand / Wie komm' ich hier nur rüber jetzt / Das ist ja heute wie verhext / Doch dann seh' ich zur rechten Zeit / Den Zebrastreifen gar nicht weit." Auch in der Gnauthstraße war vor gut einer Woche plötzlich einer da - allerdings nicht offiziell veranlasst, also rechtswidrig. Das steht außer Frage. Daher wird aus dem Rathaus "dringend davor gewarnt, eigenständig verkehrsregelnde Markierungen aufzubringen, die zu verkehrsgefährdenden Situationen führen können". Der Verursacher müsse damit rechnen, dass ihm die Kosten der Reinigung auferlegt werden "und eine Ahndung wegen Sachbeschädigung erfolgt".
Zumindest in den Sozialen Medien konnte sich der Initiator dieser Idee der Zustimmung gewiss sein. Die Aktion stieß auf reichlich Interesse. Wenngleich mancher Kommentator unkte, dass sich der heimliche Maler etwas mehr Mühe hätte geben können, damit die Abstände stimmen und die Striche gerade sind. Immer wieder heißt es aber, die Stelle sei doch "gut gewählt", ein Zebrastreifen "längst überfällig", die Bürger müssten sich eben selbst helfen, um für Sicherheit zu sorgen, oder mit "ein bisschen Eigeninitiative" werde "auf ein Problem aufmerksam gemacht". In der Tat ist an der teils schlecht einsehbaren Kreuzung Bleichstraße/Stephanstraße/Gnauthstraße vor allem an Werktagen einiges los. Autofahrer nutzen die Strecke als Verbindung zwischen Innenstadt und Schiffenberger Weg. Die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 Stundenkilometer wird gerne mal überschritten - jedenfalls dann, wenn sich nicht zu viele Fahrzeuge entgegenkommen und aufgrund der beengten Verhältnisse gezwungen sind, das Tempo zu drosseln. Gleichzeitig passieren zahlreiche Fußgänger diese Kreuzung, weil die (schmuddelige) Unterführung vom und zum Riegelpfad eine beliebte Abkürzung ist.
Der falsche Zebrastreifen war am Sonntagabend, 18. Juli, bemerkt worden. Unbekannte hatten dafür offenbar übliche Fassadenfarbe verwendet. Die wurde dann schnell von den darüber fahrenden Pkw großflächig in beide Richtungen verteilt. Am gestrigen Dienstag ist das temporäre Konstrukt nun wieder verschwunden. Die Firma Amend hat die Reinigungsarbeiten und das Tiefbauamt die Verkehrssicherung übernommen, teilt die Stadt auf Anfrage des Anzeigers mit. Die Kosten für die Entfernung belaufen sich demnach auf 2222 Euro.
Aber was ist denn grundsätzlich davon zu halten, dort dauerhaft einen echten Zebrastreifen vorzusehen? "Eine Kommune kann Fußgängerüberwege nicht nach Belieben markieren. Es bestehen verbindliche Regelungen, unter welchen Voraussetzungen sie eingerichtet werden dürfen", informiert die Pressestelle. Dazu gehöre unter anderem die Vorgabe, "dass Fußgängerüberwege in Tempo-30-Zonen in der Regel entbehrlich sind". Um dennoch die Zulässigkeit und Notwendigkeit eines solchen an jener Ecke beurteilen zu können, habe die Straßenverkehrsbehörde zunächst einmal eine Verkehrszählung beauftragt.
Von Benjamin Lemper