Pro Hungen fordert öffentliche Haushaltsdebatte auch per Videostream.
HUNGEN. Die Hessische Gemeindeordnung sieht vor, dass die Haushaltssatzung spätestens einen Monat vor Beginn des Haushaltsjahres der Aufsichtsbehörde vorgelegt werden soll, vorher aber im Finanzausschuss der Gemeindevertretung eingehend behandelt und von der Gemeindevertretung in öffentlicher Sitzung beraten und beschlossen werden muss. Das sei in Hungen bisher nicht der Fall, es griffen daher die Regelungen zur vorläufigen Haushaltsführung als sogenannter "Nothaushalt", heißt es in einer Mitteilung der Bürgerliste Pro Hungen.
Den Entwurf der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2021 habe Bürgermeister Rainer Wengorsch zwar am 5. November 2020 in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht. Aber seither hätten sich weder der Haupt- und Finanzausschuss noch die Ortsbeiräte oder die Stadtverordnetenversammlung öffentlich mit diesem so wichtigen Themenkomplex befasst. Pro Hungen fordert die Stadtverordneten dazu auf, trotz widriger Umstände eine öffentliche Debatte über den Haushaltsplan zu führen und diesen nicht hinter verschlossenen Türen zu beschließen.
Live-Stream der Debatte
Die Geschäftsordnung für die Stadtverordnetenversammlung ermögliche die Internetübertragung der Sitzungen als Live-Stream und es sei nicht nachvollziehbar, wieso auch knapp ein Jahr nach den ersten Kontakt- und Ausgangssperren noch immer keine politische Teilhabe in Hungen "von zu Hause aus" ermöglicht werde. Die Bürger hätten ein Recht darauf, die Debatte und Argumente der Stadtverordneten, auch ohne persönliche Anwesenheit zu verfolgen. Immerhin seien sie von den finanziellen Auswirkungen der politischen Entscheidungen unmittelbar betroffen.
Insbesondere im anhaltenden Lockdown mit finanziellen Einbußen für nahezu alle Einwohner in Hungen, vor allem verbunden mit hohen Belastungen für Familien und Gewerbetreibende, müsse eine Planungssicherheit und finanzielle Entlastung im Jahr 2021 gegeben sein. Die für das Jahr 2020 beschlossene höchste Steueranhebung im Landkreis Gießen auf 440 Prozent Gewerbesteuer und 470 Prozent Grundsteuer B sei explizit auf zwölf Monate begrenzt gewesen. Trotzdem schreibe man sie - ohne jeglichen Kommentar des Bürgermeisters bei der Haushaltseinbringung - im Haushaltsplanentwurf für 2021 fort. Es läge in der Hand der Stadtverordneten und allen voran der Hungener CDU, nun ihr Wort zu halten. Immerhin sei es ein Antrag der CDU-Fraktion gewesen, die Erhöhung der Gewerbe- und Grundsteuer für das Haushaltsjahr 2020 per Beschluss auf ein Jahr zu befristen. Dieser sei im Haupt- und Finanzausschuss mit acht Ja-Stimmen bei einer Enthaltung angenommen worden. Pro Hungen plädiere - auch angesichts des "Corona-Finanzausgleichs" vom Land Hessen für die Hungener Stadtkasse in Höhe von 3,39 Millionen EUR - für eine Rückkehr der über Jahre bewährten Hebesätze von 400 Prozent für die Gewerbesteuer und die Grundsteuer B sowie einheitlich auch 400 Prozent bei der Grundsteuer A..
Es läge in der Verantwortung der Stadtverordneten, mit den Steuergeldern verantwortungsvoll umzugehen und die Projekte im Haushaltsplanentwurf für 2021 vor dem Hintergrund der anhaltenden Corona-Pandemie samt ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen kritisch zu hinterfragen und Prioritäten zu setzen, um einen ausgeglichenen Haushalt auch ohne erneute Steuererhöhung vorzulegen.