171 Radweg-Projekte im Landkreis Gießen für geschätzte 139...

Mithilfe des Konzeptes sollen Lücken im Radwegenetz des Landkreises geschlossen werden. Symbolfoto: dpa

Um Lücken im Radwegenetz des Landkreises Gießen zu schließen, müssten 171 einzelne Projekte mit geschätzten Kosten von 139 Millionen Euro umgesetzt werden. Das Land zahlt...

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. Kreis Giessen. Fahrradfahren ist gesund und gut für die Umwelt. Und das nicht nur mit einem touristischen Hintergrund, sondern auch im Alltag: Auf dem Weg zur Arbeit, zur Schule oder zum Einkauf. Doch nicht alle Radwege im Landkreis sind in einem guten Zustand und nicht überall gibt es die erforderlichen Verbindungen. Das soll sich ändern, wenn der Landkreis und die Kommunen ein Radverkehrskonzept umsetzen, das am Mittwoch bei einem Pressegespräch vorgestellt wurde. Es ist ein umfangreiches Vorhaben. Das Konzept listet 171 einzelne Projekte mit einem geschätzten Kostenvolumen von 139 Millionen Euro auf. Viel Geld, aber das Land zahlt Zuschüsse von bis zu 75 Prozent. Doch Voraussetzung dafür war, dass der Landkreis über ein Radverkehrskonzept verfügt. Dieses kostete 96 000 Euro, 42 000 Euro übernahm das Land.

"Wir wollen mehr Radverkehr im Alltag", betonte Landrätin Anita Schneider (SPD). Dieser habe aktuell bundesweit einen Anteil von elf Prozent, in Hessen seien es sieben, im Landkreis drei bis vier. "Da ist noch Luft nach oben. Über Pedelecs und Elektrofahrräder haben wir die Chance, den Anteil zu steigern, wenn wir gute und sichere Radwege zur Verfügung stellen." Aktuell hat das knapp 1100 Kilometer lange Radwegenetz (inklusive 195 Kilometern in der Stadt Gießen) noch 23 Prozent Lücken, die zu schließen sind. Das Konzept selbst hört an den Gießener Stadtgrenzen auf, da es laut Schneider für den Innenstadtverkehr ein eigenes Papier gibt.

Die 171 einzelnen Projekte wurden nach verschiedenen Kriterien in unterschiedliche Prioritätsstufen einsortiert. 34 haben die höchste Kategorie A, 76 sind bei B eingestuft und 61 bei C. An der Spitze steht ein neu anzulegender Radweg von Saasen in Richtung Göbelnrod entlang der Kreisstraße 37. Ebenfalls zur Top-Kategorie gehört der seit 2007 geplante Radweg entlang der Bundesstraße 49, der am Ortsausgang von Gießen beginnt und bei Oppenrod an den Radweg R 7 anschließt. Die Verbindungen verlaufen entweder an Straßen oder auf Wirtschaftswegen.

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Die praktische Arbeit für das Konzept erledigte das Büro HS Ingenieure aus Linden, bei dem Pressegespräch vertreten durch Daniel Seipp und Sven Ackermann. Der Auftrag war bereits 2017 nach einer Ausschreibung vergeben worden. Die Verzögerungen begründete die Landrätin damit, dass die Verantwortung für das Projekt im Planungsbüro wechselte. Die Erstellung des Konzepts war auch nicht ohne, denn es musste zweimal mit allen 18 Kreiskommunen abgestimmt werden. Alle sogenannten Träger öffentlicher Belange - verschiedene Behörden und Verbände - wurden ebenfalls beteiligt. Viele Anregungen kamen von Dr. Jan Fleischhauer, Vorstandsmitglied im Kreisverband Gießen des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC).

Die eigentlich geplante Bürgerbeteiligung konnte Corona-bedingt bisher nicht stattfinden. Bürger können aber die Pläne auf der Homepage des Landkreises einsehen und dann per E-Mail ihre Anregungen äußern, die in die Beratung mit einfließen.

Wie Schneider berichtete, gibt es einen Antrag der Fraktion "Gießener Linke", dass das Konzept auch in der Arbeitsgruppe Nahverkehr des Kreistages beraten und dass es Regionalkonferenzen mit Bürgern geben soll. Mit der Beratung in der Arbeitsgruppe hat die Landrätin kein Problem. "Nach drei Jahren Planungsprozess kommt es auf einen Monat auch nicht an. Das Konzept sollte ausführlich diskutiert werden." Bei den Regionalkonferenzen müsse man prüfen, ob dies mit reduzierter Besucherzahl gehe.

Ein Aktenordner

Seipp und Ackermann gaben Einblick in die umfangreiche Arbeit, die einen Aktenordner füllt. Zunächst wurde der Ist-Zustand ermittelt. In der Folge ging es um öffentliche Einrichtungen wie Rathäuser oder Schulen, denn sie sind Ziel oder Quelle von Verkehr. Die Verbindungen zwischen den Ortsteilen wurden geprüft. Daraus entstand ein Wunschliniennetz. Dieses wurde nach Rücksprache mit den Kommunen konkretisiert. Wichtig sei, dass die Radfahrer die Verbindung akzeptieren. Ist der Weg gerade für Radler ohne elektrische Unterstützung zu schwer, muss es Umleitungen geben, die nicht zu lang sind.

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Die Landrätin betonte, dass es sich nicht um eine Radwegeplanung handele. Wenn der jeweilige Bauträger - also eine Kommune oder der Kreis - ein Radwegeprojekt angehen will, beginnt der normale Planungsprozess. Gegebenenfalls ergeben sich dann Hürden durch den Naturschutz oder weil benötigte Grundstücke nicht gekauft werden können. Schneider kann sich vorstellen, dass die Projekte innerhalb von zehn Jahren umgesetzt werden.

Wie Seipp ergänzte, ist Vorgabe des Landes bei der Förderung, dass die Radwege in Asphalt hergestellt und 2,50 Meter bereit sind. Wenn sie zudem als Wirtschaftsweg genutzt werden, sind drei Meter Breite erforderlich.

Das Radverkehrskonzept soll in der nächsten Kreistagsrunde beraten werden.

Von Volker Böhm