"Corona haben alle satt - Fasching findet online statt!" Die Narren im Kreis Gießen hält kein Virus ab.
KREIS GIESSEN. Kreis Gießen. Kein Schunkeln, kein Anstoßen, kein 11.11. - Corona sorgt bei den Fastnachtsfreunden im Landkreis für Kummer. "Wenn ich an ein Jahr ohne Fasching denke, dann blutet mein Herz", gibt Marcus Leopold, Präsident beim Heuchelheimer Carnevalverein 1957, unumwunden zu. Bis zum Schluss hatte der Verein gehofft, zumindest in kleiner Runde und mit einem strengen Hygienekonzept den 11.11. und den Kampagnenstart am 21. November zu feiern. Doch der Teil-Lockdown seit Anfang November machte das zunichte. "Das ist natürlich schade, aber wir können es angesichts der steigenden Zahlen absolut nachvollziehen", ist Leopold einsichtig. Das Training der Tanzgruppen hatte man aus Infektionsschutzgründen bereits im Oktober ausgesetzt.
Ganz auf das närrische Treiben wollen die Narren aber nicht verzichten, verrät Leopold. "Die meisten Karnevalisten haben sich ja ohnehin freigenommen. Also werden wir uns um 11.11 Uhr zu einer Zoom-Party treffen, uns zuprosten und Helau rufen."
222 Onlineplätze
Ähnlich wird man auch in Großen-Linden feiern: "Corona haben alle satt - Fasching findet online statt". Mit diesem Slogan startet der Karnevalverein Harmonien 1952 Großen-Linden (KVH) heute in seine erste - und hoffentlich auch einzige - Online-Kampagne. Dazu gibt es ein einstündiges Programm für "alle die Narren, die daheim mit Hufen scharren". Sitzungspräsident Carsten Born bringt es dabei diesmal virtuell auf den Punkt, denn "es ist wie's ist. Es ist ein Riesenmist", weshalb es ab 20.11 Uhr eine 55-minütige digitale Schau gibt. Diese wird aus dem in ein närrisches Studio umfunktionierten Tonstudio des Vize-Vorsitzenden Matthias Zörb gesendet. KVH-Onlinebeauftragter Stefan Jung wird die Online-Kampagneeröffnung moderieren, wozu einige Überraschungsbeiträge aufgenommen wurden.
"Der KVH will auch unter den derzeitigen Umständen dazu beitragen, sinnvoll und unter Abwägung aller Rahmenbedingungen in dieser Zeit den generellen Aufgaben und Zielen eines Vereins nachzukommen", hatte Vorsitzender Patrick Weihrauch bereits im August bei der Absage der Kampagne 2020/21 verkündet und anstelle der nicht stattfindenden Saal- und Clubheimveranstaltungen, "wenn irgend möglich", ein närrisches Miteinander versprochen. Das ist jetzt nur zu Hause möglich, weshalb es gleich zum Start eine Sofa-Sitzung geben wird.
"Wir hatten und haben schon ein Motto, doch das haben wir nun erst einmal auf die Kampagne 2021/22 verschoben und wollen es bis dahin geheim halten", sagt Jung. Noch ohne Kapp und Orden fand eine erste Sendeprobe statt, bei der dann auch ein erstes, noch zaghaftes, "Helau" ertönte. Jung verspricht für den Mittwoch eine Faschingsparty mit Online-Beiträgen und überraschenden Live-Aktivitäten. Wer bei diesem originellen Kampagnenstart mit dabei sein möchte, der sollte sich über Facebook und Instagram beim KVH als Teilnehmer anmelden. 222 Onlineplätze stehen bereit. "Macht es euch gemütlich zu Hause, verkleidet euch, feiert mit!", bittet Jung Teilnehmer um eine Messenger-Nachricht, damit diese ihren Google Meet-Teilnahmelink für die Videokonferenz mit Tipps und Tricks erhalten. Beginn der Online-Faschingsparty ist um 20.11 Uhr in gewohnter Weise, so wird bereits um 11.11 Uhr zum Start in die fünfte Jahreszeit auf der Homepage https://kvh-linden.jimdofree.com ein Trailer zum Abruf bereitstehen.
"Wir sind noch da"
"Wir sind noch da", meint dann auch Leopold. In Heuchelheim plane man deshalb mögliche Varianten eines Faschings unter Corona-Bedingungen. Klar ist: Prunksitzungen oder der Faschingsumzug werden - wenn überhaupt - in einer anderen Form stattfinden müssen. "Die Wagenbauer überlegen sich derzeit dennoch bereits Motive. Unsere Gruppe rund um den Narrenspiegel plant auch eine Herausgabe. Wir müssen einfach das Beste aus der Situation machen." Zudem denke man derzeit darüber nach, wie man verdienten Mitgliedern ihre Orden überreichen kann.
Man sei zudem glücklicherweise nicht in der Situation, finanziell stark getroffen zu sein - die Mitgliederbeiträge der Kinder seien sogar herabgesetzt worden. Leopold macht eher etwas anders Sorgen: "Ein Jahr ohne Fasching vertragen wir, aber was ist, wenn es noch ein zweites Jahr so aussieht? Was sollte die Leute dann noch dazu bewegen, in dem Verein aktiv zu sein oder seine Kinder bei uns anzumelden?" Noch habe man zwar keine Austritte zu vermelden, aber das könne sich ändern. Deswegen sei es umso wichtiger, kreativ zu bleiben.