Über drei Stunden berieten der Langgönser Bauausschuss und der Ortsbeirat Niederkleen über die künftige Nutzung des Steinbruchs.
LANGGÖNS. Das war eine Mammutsitzung und die Feuertaufe für den neuen Ausschussvorsitzenden Markus Beppler (Freie Wähler), die er souverän meisterte: Etwas mehr als drei Stunden berieten der Langgönser Bauausschuss und der Ortsbeirat Niederkleen um Ortsvorsteher Tim Schröder (CDU) kontrovers und detailliert über die zukünftige Nutzung des Steinbruchs in Niederkleen. Dort möchte der Pächter auf zehn Prozent der Fläche ein "zeitlich befristetes Recyclingzentrum für mineralische Sekundärbaustoffe" errichten. Dafür müssen die Bauleitplanung angepasst und der Flächennutzungsplan in diesem Bereich geändert werden. Die Gruppe "Zukunft: jetzt!", im Ortsbeirat Niederkleen wollte hingegen die Beibehaltung des Renaturierungsplans aus dem Jahr 2004 umsetzen, was das Ende des Vorhabens bedeutet hätte. Sie schlug vor, das Projekt nicht im Steinbruch, sondern im Bereich des Magna Parks zu realisieren.
Am Ende setzten sich die Befürworter der geplanten Nutzung mit großer Mehrheit durch: Die Mitglieder des Bauausschusses votierten einstimmig für die Änderung des Flächennutzungsplans und die Anpassung des Bebauungsplans mit den in der Sitzung besprochenen Änderungen. Die Ortsbeiratsmitglieder befürworteten dies ebenso mit vier Stimmen, die Vertreterinnen von "Zukunft: jetzt!", votierten mit drei Stimmen dagegen, beim Flächennutzungsplan gab es eine Enthaltung aus ihren Reihen.
Mit 42 Teilnehmern an der Videokonferenz war fast dieselbe Runde versammelt wie bereits bei der Sitzung des Ortsbeirats. Auch inhaltlich ging es um dieselben Themen. Neu war, dass die Kritiker aus der Gruppe "Zukunft: jetzt!", um Sabine Textor vier Anträge einbrachten, in denen ihre Forderungen und politischen Ziele formuliert waren. Das begrüßte Bürgermeister Marius Reusch (CDU) ausdrücklich: "Das ist ein legitimer politischer Wille, offensichtlich haben wir aber unterschiedliche Zielrichtungen."
Zu Beginn führte Reusch in die Thematik ein: Man stehe "am Abschluss eines umfassenden Bauleitplanungsverfahrens, das in mehreren Schritten und zwei Offenlegungen durchgeführt wurde." Der Gemeindevorstand habe sich in mehreren Sitzungen mit den privaten Stellungnahmen befasst und diese zur Beratung an den Ausschuss verwiesen. "An dieser Stelle stehen wir heute", sagte er. Anschließend stellte Planer Holger Fischer noch einmal detailliert die Planungen des Pächters, die Steinbruch Niederkleen GmbH, vor. Dabei zitierte er eingangs Textor, die in der Ortsbeiratssitzung appelliert hatte: "Wir haben die Verantwortung dafür, dass unsere Kinder und Enkel Lebensgrundlagen haben." Dies sei "an und für sich das gleiche Ziel, das wir auch haben", betonte Fischer.
Auflagen verschärft
Bevor Margrit Gatzert (Zukunft: jetzt!), den ersten Antrag ihrer Gruppe vorlas, sagte sie: "Der Renaturierungsplan 2004 war fortschrittlich. Wie kam es jetzt dazu, dass in Zeiten des Klimawandels ein neuer Plan, der das damalige Versprechen nicht nur nicht einlöst, sondern sogar ein neues Sonderbaugebiet ausweist, umgesetzt werden soll?" Hierzu sagte der Bürgermeister: "Die Änderung des Rekultivierungsplans war eine ganz bewusste Entscheidung der Gemeinde im Rahmen der Neuverpachtung, um noch abbaufähiges Material zu nutzen. Das bedeutet aber nicht, dass der Naturschutz eine weniger große Rolle spielt, viele Auflagen wurden sogar noch verschärft."
Ortsbeiratsmitglied Horst Röhrig (SPD) ergänzte, es seien keine "Ziele, sondern Laufzeiten geändert worden". Die Erde sei bereits verwundet, daher müsse man nicht an anderer Stelle etwas auftun. "Es ist wie bei der Windkraft: Jeder findet es sinnvoll, aber vor der eigenen Haustür ist es nicht erwünscht", sagte er. Dies wies Xenia Gatzert im Chat zurück: Der Magna Park liege auch vor der Haustür. Textor nannte Röhrigs Bemerkung "zynisch", Niederkleen sei bereits gründlich belastet "mit allen möglichen Wirtschaftsinteressen" wie Lkw, die durchs Dorf fahren, den Magna Park und Lärm, Schmutz und Staub aus dem Steinbruch.
"Bei der Einhaltung des Plans geht es auch um die Verlässlichkeit für die Bürger", unterstrich sie. Jürgen Knorz (CDU) fand, dass es "heute viel weniger Belastungen durch den Steinbruchbetrieb gibt, als früher. In diesem Vertrag wurde extrem viel Rücksicht auf den Ort genommen, wir sind überzeugt, dass der Standort sehr gut geeignet ist, und möchten ihn jetzt auf den Weg bringen."
Bürgermeister Reusch sagte: "Es kommt immer wieder der Vorwurf, es werde etwas zurückgehalten und wir würden nicht informieren, aber ich kenne kaum ein Verfahren, mit dem wir so offen umgegangen sind." Sein ausdrücklicher Dank galt Ralph Lang als einem Geschäftsführer der Steinbruch Niederkleen GmbH. Der Rathauschef bekannte auch: "Ich ärgere mich massiv, dass man hier so tut, dass wir absichtlich was verschleiern wollen. Das ist nicht der Fall. Kritik hat irgendwo auch eine Grenze und muss zielgerichtet und bezogen sein." Röhrig sah dies genauso: "Ich kann nicht nachvollziehen, dass das Verfahren vertagt werden soll. Alles ist korrekt und transparent gelaufen, ich will zur Entscheidung kommen."
So wurde Antrag 1 der Gruppe "Zukunft: jetzt!", der die Beibehaltung des Rekultivierungsplans aus 2004 forderte, mehrheitlich vom Ortsbeirat abgelehnt und brauchte damit nicht mehr durch den Ausschuss abgestimmt werden. Antrag 2, in dem eine Vertagung gefordert wurde, erging es ebenso. Im Antrag 3 wurden 13 Forderungen an den Bebauungsplan gestellt, die einzeln durchgegangen und teilweise in die Beschlussempfehlung aufgenommen wurden. Antrag 4, hier ging es um Ergänzungen im Pachtvertrag, wurde einvernehmlich an den Gemeindevorstand verwiesen.
Reusch dankte für die "sehr intensive Diskussion. Es war zum Teil ermüdend, sehr ernst und detailliert, wir haben uns sehr intensiv damit auseinandergesetzt, auch wenn es anstrengend war." Die beiden neuen Vorsitzenden von Ortsbeirat und Bauausschuss hätten ihre Feuertaufe bestanden. Markus Beppler dankte allen, "dass es so gesittet abgelaufen ist." Tim Schröder erklärte: "Die Chancen und Möglichkeiten der geplanten Steinbruchnutzung sind wichtiger und bedeutender als die Gefahren, die damit einhergehen."