Carmen Magnus ist seit 48 Jahren im öffentlichen Dienst beschäftigt und hat heute nach 44 Jahren ihren letzten Tag in der Pohlheimer Stadtverwaltung. 40 Jahre lang saß sie zudem im Vorzimmer der Rathausherren.
Von Ernst Walter Weißenborn
44 Jahre im Dienst der Stadt Pohlheim, 40 Jahre davon im Vorzimmer der Rathauschefs: Bürgermeistersekretärin Carmen Magnus freut sich auf ihren Ruhestand. Foto: Weißenborn
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POHLHEIM - "Was kann ich für Sie tun." Die angenehme Stimme wird einem nicht so schnell aus dem Kopf gehen. Sie gehört Carmen Magnus, die derzeit ein besonders gutes Verhältnis zur Zahl vier pflegt. Sie ist seit 48 Jahren im öffentlichen Dienst beschäftigt und hat heute nach 44 Jahren ihren letzten Tag in der Pohlheimer Stadtverwaltung. 40 Jahre lang saß sie zudem im Vorzimmer der Rathausherren und hat unter vier Bürgermeistern in der Limesstadt gedient. Ihr Berufsleben für Pohlheim endet heute.
Ein Grund mit Carmen Magnus zu reden, die als gebürtige Watzenborn-Steinbergerin und wohl auch dienstälteste aktive Bürgermeistersekretärin im Kreis heute Abschied nimmt, still und leise. Dazu hat sie sich bereits ausbedungen, in einem kleinen Büro zu sitzen und nicht mehr am großen Schreibtisch, der Schaltzentrale im Rathaus. Dort nahm ganz neu und noch einmalig für die Landkreiskommunen ein Mann, Tobias Breidenbach aus Reiskirchen Platz, den sie anlernte. Er ist der Nachfolger der 64-Jährigen.
Die gebürtige Watzenborn-Steinbergerin hat Pohlheim in den vier Jahrzehnten hautnah erlebt. Die Bürgermeister kamen und gingen, Carmen Magnus blieb.
Verschwiegenheit
Absolute Verschwiegenheit war ihr stets Verpflichtung. Die ehemalige Justizangestellte am Land- und Amtsgericht Gießen kam mit 24 Jahren zur Stadtverwaltung, in der sie zunächst unter Karl Brückel, dem verstorbenen SPD-Ehrenbürgermeister, als Schreibkraft tätig war. Damals war das Erlernen der Kurzschrift (Steno) Voraussetzung für jede angehende Sekretärin, da der Bürgermeister zum Diktat rief, bevor der Briefbogen in die Schreibmaschine gespannt wurde. Heute sind Word und Excel digitale Werkzeuge in dieser Position. Magnus erinnert sich noch gut, wie Brückel, der, wie seinerzeit üblich, spontan in den Wagen stieg und nach Wiesbaden fuhr, um Entscheidungen des Ministeriums zu diskutieren. Mit seinem Nachfolger, dem Christdemokraten Hermann Georg, einem Schulrektor, der vom Schuldienst auf den Bürgermeisterposten wechselte, erlebte sie auch einen Bürgermeister, der zu moderieren wusste, aber leider auch das Ende seiner Amtszeit nicht mehr erlebte. Gleich drei volle Dienstperioden und damit 18 Jahre begleitete sie aus dem Vorzimmer heraus zudem SPD-Bürgermeister Karl-Heinz Schäfer, der wohl abwägte, bevor er entschied und Pohlheim modernisierte. Sie geht jetzt in der zweiten Amtshälfte ihres vierten Dienstherrn Udo Schöffmann, dem digitalen Erneuerer der Verwaltung, in den Ruhestand.
Magnus weiß noch, wie stolz man auf die erste digitale Errungenschaft im Vorzimmer war, ein Telefaxgerät mit Spezialpapier. Seitdem hat sich die Technik rasant verändert. Doch eines gibt Magnus allen mit auf den Weg: "Nicht alles per E-Mail regeln. Wir machen es uns damit nicht einfacher." Der persönliche Kontakt ist ihr besonders wichtig. Wer bei ihr anrief und im Display erschien, wurde auch zurückgerufen, wenn es nicht gleich passte. Ehrensache. In all den Jahren und den Tausenden von Telefonaten, wie gab sich da der Bürger? Schiefe Töne hat es ab und an gegeben, aber nach einem klärenden Gespräch war es meist erledigt. "Es gab viel, viel mehr angenehme und schöne Telefonate", stellte sie fest.
Flagge gezeigt
Viele Vorgänge wanderten über ihren Schreibtisch und zwei davon blieben ihr in besonderer Erinnerung. Als im Stadtteil Holzheim kräftig gegen die dort geplante Kreismülldeponie demonstriert wurde, habe auch die Pohlheimer Verwaltung Flagge gezeigt und einen Betriebsausflug hin zum Deponiegelände, das nie verwirklicht wurde, veranstaltet. "Wir von der Stadt sind dabei und bekennen uns", das galt damals. Gleich nach dem politischen Zank zwischen Pohlheim und dem Kreis fällt der 64-Jährigen noch ein besonderes Ratespiel ein, an dem Bürger, koordiniert von der Verwaltung, teilnahmen. Wacker kämpften sich die Pohlheimer Runde um Runde weiter in der Volkshalle, wo Werner Reinke die Sendung "1:0" moderierte. Schluss war erst, als man nicht genügend Menschen mit dem Vornamen Nikolaus auf die Bühne holen konnte. Da hatte der Süden Hessens mehr zu bieten. Carmen Magnus sieht sich als Pohlheimerin und ihr gefiel der damalige Zusammenhalt. Das habe gezeigt: "Wir sind ,ein' Pohlheim". Vom Kirchturmdenken hält sie nichts.
Jetzt freut sich die 64-Jährige auf den Ruhestand. "Der Tag ist uns", da sind sich zwei Ruheständler, Carmen Magnus und ihr Mann, ab morgen ganz sicher. "Doch die Stadt Pohlheim werde ich immer im Augen behalten."