Grünberg: Enttäuscht über "pauschale Kritik" an Feldwegenutzung
Der Harbacher Ortslandwirt Ingo Hensel und Steffen Bietz, Vorsitzender der Jagdgenossenschaft, sprechen über den Umgang mit Feldwegen und verweisen darauf, dass es hier seit 2010 schon ein Nutzungskonzept gebe.
Von Petra Zielinski
Steffen Bietz (l.) und Ingo Hensel vor einer Feldholzinsel, die im Rahmen der "Umlegung" von Wirtschaftswegen neu angelegt wurde. Foto: Hensel
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KREIS GIESSEN - "Wir sollten miteinander und nicht übereinander reden", sagen Ingo Hensel und Steffen Bietz. Der Harbacher Ortslandwirt und der Vorsitzende der örtlichen Jagdgenossenschaft fühlen sich übergangen. Zu einem Ortstermin des Nabu-Kreisverbandes Gießen, des Kreisverbandes Naturlandstiftung sowie des Arbeitskreises Lebensraum Feldweg der Biodiversitätsinitiative des Landkreises seien sie nicht eingeladen worden, bedauern sie. Bei dem Termin in Harbach ging es um verschwundene Feldwege - ein Thema, das aus einer einseitigen Perspektive behandelt worden sei.
"Obwohl wir in Harbach bis dato immer konstruktiv und respektvoll zusammengearbeitet haben, wurde der Umgang der Landwirte mit den Wirtschaftswegen pauschal kritisiert", betont Hensel. Als Beispiel für den Einbezug eines Feldweges in die Acker- und Wiesennutzung habe man eine Wiese genommen, die nicht zur Gemarkung Harbach gehöre.
Bereits 2010 hätten sich Landwirte, Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises, Jagdpächter, der Vorstand der Jagdgenossenschaft und Vertreter der Stadt Grünberg an einen Tisch gesetzt, um gemeinsam eine transparente Handhabung bei der Einziehung von Wegeflächen in die landwirtschaftliche Nutzung zu schaffen. Das dabei entstandene Nutzungskonzept berücksichtige die Belange aller Beteiligten.
"Zum einen wird für umgenutzte Wirtschaftswege eine jährliche Pacht gezahlt, zum anderen wurde für die jeweilige umgenutzte Wegfläche eine Ausgleichsfläche von gleicher Größe oder sogar noch größer geschaffen", unterstreicht Hensel. Dieses Verfahren sei vom Ortsbeirat, dem Ortslandwirt und dem Vorstand der Jagdgenossenschaft gebilligt worden mündete schließlich in - durch den Magistrat bewilligte - Pachtverträge.
Eine Neuaufteilung sei nötig gewesen, da im Rahmen einer zweiten Flurbereinigung in den 1970er Jahren die vielen bestehenden landwirtschaftlichen Flächen von den wenigen noch verbliebenen Landwirten übernommen wurden. Durch die Entstehung größerer Äcker sei zum Teil die Zweckmäßigkeit eines Feldweges weggefallen, schildert Bietz die Ausgangssituation. Dafür habe man an anderen Stellen Flächen aus der Produktion genommen und dadurch Ausgleichsflächen geschaffen.
"In der Gemarkung Harbach wurden in den vergangenen Jahren sieben Hektar Blühfläche angelegt", betont er. Die Landwirte sorgten beispielsweise für den Erhalt von Streuobstwiesen oder Landschaftspflegeflächen. Die gesamte Gemarkung sei mit zahlreichen Biotopvernetzenden Landschaftselementen durchsetzt, die von den neun noch aktiven örtlichen Landwirten unterhalten würden.
"Die Jagdgenossenschaft hat städtische Flächen gepachtet, um sie gerade für Niederwild und Insekten attraktiv zu gestalten", erklärt Bietz. Dabei werde das Grünland in der gesamten Gemarkung überwiegend extensiv oder ökologisch bewirtschaftet - das heißt ohne mineralische Düngung oder Pflanzenschutzmittel.
Gerade in dem Gemarkungsteil, in dem der Termin stattfand, seien die Wirtschaftswege in einem Zeitraum von sechs Wochen schrittweise mit Insekten-freundlichen Doppelmessern gemäht worden. "In der Regel werden die Wirtschaftswege jährlich maximal zweimal gepflegt", betont Hensel. In ortsnahen Bereichen gebe es hingegen eine weitaus intensivere Pflege durch Nichtlandwirte, bemängelt er. Hier gelte es, mehr Aufklärungsarbeit zu leisten.
Wert legten Hensel und Bietz auch darauf, dass die Landwirte in Harbach nie gleichzeitig mulchen. Nötig sei das Mulchen der Wege aber, damit die Grassamen nicht auf die Ackerfläche fallen, wo sie dann wiederum bekämpft werden müssten.
"Wenn es um die Landwirtschaft geht, meint jeder, ein Fachmann zu sein", sind sich Hensel und Bietz einig. "Wir haben jeden Tag mit anderen Problemen zu kämpfen und machen doch immer alles falsch."