Grüne diskutieren über Verkehrswende im Landkreis Gießen
Die Verkehrswende war Thema zum Auftakt der "Dienstagsgespräche" der Kreis-Grünen. Auch die Reaktivierung der Lumdatalbahn wurde besprochen.
Von fley
Wahlkampf in der Videokonferenz: Zum Auftakt ihrer "Dienstagsgespräche" diskutierten Vertreter der Kreis-Grünen unter anderem mit Gerhard Greilich vom ADFC (unten r.) und Jörg Bergstedt (Mitte l.) über das Thema "Verkehrswende". Foto: Leyendecker
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
KREIS GIESSEN - Der Kreisverband der Grünen will sich im Kommunalwahlkampf von den Bürgern auf den Zahn fühlen lassen. Da Corona-bedingt keine Veranstaltungen möglich sind, wurde ein Onlineformat aus der Taufe gehoben, die sogenannten "Dienstagsgespräche". In diesem Forum will man wichtige Themen des Landkreises zusammen mit kompetenten Gästen diskutieren. Zum Auftakt ging es um das Thema "Verkehrswende im Landkreis Gießen". Zu den Gästen gehörten Manfred Lotz, der Vorsitzende des Lumdatalbahnvereins, Gerhard Greilich, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) im Landkreis Gießen, und Karin Müller, Sprecherin für Verkehr der Grünen Landtagsfraktion.
Moderator Fabian Mirold-Stroh begleitete durch den Abend und gab den Referenten jeweils 15 Minuten Zeit, um ihre Standpunkte zu erläutern. Jörg Bergstedt von der Verkehrsinitiative Gießen stellte zu Beginn einen Film über die Verkehrswende in der Universitätsstadt vor. Gießen und der Landkreis seien mit einem hohen Pendlerverkehr und einem lärmintensiven Güterverkehr konfrontiert. Der Ausbau der Bundesautobahn 49 im Vogelsbergkreis vernichte Kulturen und Natur und am ehemaligen US-Depot würden die Flächen nicht sinnvoll genutzt.
Als Alternative zum "Autowahn", wie es im Film heißt, wünscht sich die Initiative ein enges Netz von Fahrradstraßen, die Reaktivierung der Straßenbahnen und eine RegioTram. Es gibt die Idee einer Seilbahn, um wichtige Knotenpunkte zu verbinden. Gefordert wird auch die kostenfreie Benutzung von Bus und Bahn - die Liste an möglichen Projekten ist lang. "Die Verkehrswende muss man als Leitbild sehen. Das passiert Schritt für Schritt", betonte Bergstedt. Fahrradstraßen und die RegioTram seien Zeichen für Urbanität.
Radschnellwege
Auch Greilich beklagte die Dominanz des Autoverkehrs. "Die Akzeptanz des Radverkehrs zu erhöhen, ist notwendig, aber man muss die Voraussetzungen dafür schaffen", meinte er. Konkret forderte Greilich die Schaffung von Radschnellwegen nach Marburg und Wetzlar oder flächendeckend Tempo-30-Zonen im Gießener Stadtgebiet. "Rad- und Autoverkehr können nebeneinander existieren, wenn man gegenseitig Rücksicht nimmt", meinte der Vorsitzende.
Auch die Reaktivierung der Lumdatalbahn war Thema des Vereins. Der gleichnamige Verein unter der Federführung von Manfred Lotz kämpft schon seit Langem dafür, dass die Strecke wieder betrieben wird. "Die Lumdatalbahn ist wichtig, weil Frankfurt die zweithöchste Pendlerzahl in Deutschland hat und junge Menschen den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) benötigen. Die Bahn lohnt sich, denn sie belebt die Dörfer zwischen Gießen und Marburg", erläuterte er. Man könnte das Projekt bereits im Dezember 2023 starten. Dadurch würden die Lumdatal-Kommunen als Wohnort attraktiver. "Die Reaktivierung der Strecke steht im Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung. Es steht hier auch die Glaubwürdigkeit auf dem Spiel", meinte Lotz in Richtung der Landtagsabgeordneten Katrin Müller. Hier erwarte er eine klare Entscheidung vor der Kommunalwahl und ein klares Signal der Grünen.
Müller bedankte sich zunächst bei allen beteiligten Akteuren für ihr Engagement und betonte, dass in den Koalitionsgesprächen schon viel erreicht worden sei. Zehn Planstellen bei HessenMobil mit den Schwerpunkten Radverkehr und ÖPNV seien entstanden. Sie selbst sei auch ein großer Fan von Fahrradstraßen, doch die Dinge könnten sich nicht so schnell verändern, wie es notwendig wäre. "Es geht viel zu langsam voran in den meisten Bereichen. Manche Radwege, für die ich vor Jahren schon gekämpft habe, sind bis heute nicht entstanden", erzählte die Abgeordnete.
Zur Lumdatalbahn verwies Müller darauf, dass der Bund solche Projekte zwar fördern wolle, aber bei den Voraussetzungen noch auf die Bremse trete. Knackpunkt sei noch die Kosten-Nutzen-Rechnung, obwohl durchaus Unterstützung vorhanden ist. "Verkehrsminister Tarek al-Wazir steht hinter der Reaktivierung, und ich tue das auch. Um wirklich was zu bewegen, brauchen wir im Bund einen grünen Verkehrsminister", meinte die Landtagsabgeordnete.