Die Idee gab es schon länger, aber erst sein Sohn hat ihn endgültig dazu gebracht, sich für den Posten des Rathauschefes zu bewerben. Nun will Nees vor allem durch Bürgerbeteiligung punkten.
Von jem
Kandidat Nummer vier: Marc Nees geht als unabhängiger Bewerber in das Rennen um das Bürgermeisteramt in Wettenberg. Foto: Oliver Schmitz
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WETTENBERG - Es war sein 13-jähriger Sohn, der Marc Nees schlussendlich dazu gebracht hat, sich als Kandidat für die Bürgermeisterwahl 2021 in Wettenberg aufzustellen. "Es war wieder so ein typisches Gespräch, in dem ich gesagt hatte, was in der Gemeinde besser laufen könnte. Irgendwann reichte es meinem Sohn und er sagte: 'Du änderst doch so auch nichts daran.' Da fühlte ich mich erwischt", erzählt der 51-Jährige und lacht.
Mit dem Gedanken spielte Nees jedoch schon länger. Zahlreiche Gespräche führte der gebürtige Wettenberger mit seiner Familie, Freunden und Bekannten aus dem Ort und viele bestätigten ihm, dass er sich aufstellen sollte. Schließlich lebt er nicht nur seit seiner Geburt in Wettenberg, sondern arbeitet auch hier und hat für seine Heimat auch seine Karriere hintenan gestellt.
Nach dem Abitur und dem Wehrdienst absolvierte Nees beim Gießener Brauhaus eine Lehre als Industriekaufmann. Dort war er zunächst vier Jahre für die Buchhaltung verantwortlich, bis er dann aus eigenem Willen in den Vertrieb im Außendienst wechselte und in Gießen und dem Speckgürtel für das Unternehmen tätig war. 2000 wechselte er dann zu Wesergold, dem größten Fruchtsäfte-Produzenten in Europa. "Ich reiste viel und übernachtete häufig in Hotels, war ständig unterwegs."
Ohne politische Färbung
Um eine Familie zu gründen, blieb da kaum Zeit. Also schaute sich Nees nach einem neuen Job um, und bekam innerhalb eines Tages zwei Angebote: Das eine von einem renommierten Brunnen in Nordrhein-Westfalen mit guten Aufstiegsmöglichkeiten, das andere beim Getränkefachgroßhandel Schmall Emil in Launsbach. Diese suchten einen neuen Verkaufsleiter und dachten direkt an Nees. "Als ich den Anruf bekam, stand ich gerade auf einem Parkplatz im Saarland und dachte während der Heimfahrt über die Angebote nach. Als ich dann schon von der Autobahn das Gleiberger Land sah, ich durch Wißmar fuhr und mich zwei Mal Bekannte aus ihren Autos heraus grüßten, da wusste ich: Hier gehöre ich hin." Seit 2005 arbeitet Nees nun in Launsbach, wo er 2011 Vertriebsleiter für die dazugehörige Firma Trinkkontor wurde, lebt in Wißmar und wohnte auch fünf Jahre in Krofdorf-Gleiberg. Jahrzehntelang spielte er Handball bei der HSG Wettenberg, war im Faschingsverein und bei der Burschenschaft Kleeblatt aktiv. "Wegziehen kam nie in Frage. Hier bin ich verwurzelt."
Nicht überraschend sind deshalb seine beiden großen Ziele: Mit "Wohlfühlen in Wettenberg" und "Tradition erhalten, Zukunft gestalten" will er einerseits Verantwortung für die drei Orte übernehmen, in denen man sich auch einmal uneinig sein kann, aber dennoch zu einer guten Lösung finden kann. Andererseits möchte er, ohne krampfhaft an Traditionen festzuhalten, die Einzigartigkeit der Wettenberger bewahren und zugleich neue Wege gehen.
Dass er parteilos ist, ist ihm wichtig. "Im kommenden Jahr werden durch die Kommunal- und Bundestagswahl genug parteipolitische Grabenkämpfe stattfinden. Mir ist es aber wichtig, dass meine Ideen völlig neutral bewertet werden; genauso werde ich den Ideen aller Fraktionen im Gemeindeparlament gegenüberstehen." Dadurch, dass er parteilos ist, habe er zwar keinen Fundus an Leuten, die ihm beim Wahlkampf helfen, aber er habe bereits ein Team aus sechs Freunden und Bekannten aus Wettenberg zusammengestellt, die ihn unterstützen."
Nees sehe die Rolle des Bürgermeisters ohnehin weniger als Politiker, sondern mehr als Vertreter der Bürger: Die Aufgaben frühzeitig erkennen und eine Lösung finden, das Gemeindeparlament, aber auch die Verwaltung mitnehmen, die Interessen der Bürger vertreten und seine Entscheidungen mit guten Argumenten in die Öffentlichkeit bringen - das ist sein Ziel.
Darin sehe er sich in der Tradition der beiden ehemaligen Wettenberger Bürgermeister Günter Feußner und Gerhard Schmidt, die er sich als Vorbilder nehmen will. Ihre Art, die Geschicke der Gemeinde zu leiten, vermisst er aktuell. "Ich denke etwa, dass das Stammgewerbe in Wettenberg für die Neuansiedlungen vernachlässigt wurde. Das darf nicht sein. Man muss in Kontakt bleiben. Manchmal einfach, indem man regelmäßig telefoniert und fragt, ob alles in Ordnung ist und was besser laufen kann."
Basis stärken
Auch andere seiner Wahlkampfthemen wolle er in nächster Zeit auf seiner Website (marc-nees.de) veröffentlichen - so will Nees die Kinderbetreuung in den Kitas flexibler gestalten, mehr Angebote für Jugendliche schaffen und die Parksituationen in den Ortsanlagen verbessern. Besonders wichtig ist ihm zudem die Bürgerbeteiligung. Dies möchte er mit einem digitalen Umfrageportal erreichen, indem die Bürger ihre Einschätzung zu bestimmten Themen anonym abgeben können. "Ich möchte nicht so etwas wie bei der 'Nau Schul' erleben, wo die Politik 25 Jahre nichts gemacht hat und kurz vor dem Wahljahr alle plötzlich Ideen für das Thema haben und 800 000 Euro investieren wollen. Das hätte man früher und günstiger haben können." Dafür wolle er auch einen Kummerkasten an der Gemeindeverwaltung installieren. "Damit habe ich beruflich gute Erfahrungen gemacht, und wenn zu einem Thema mehrere Ideen kommen, dann können wir das wiederum online zur Umfrage stellen." Die Basis zu stärken und alle aus der Kommune mitzunehmen, das ist Nees oberstes Ziel.
Nees ist mittlerweile der vierte Kandidat, der sich im Sommer 2021 in Wettenberg zur Wahl stellen will. Andreas Heuser geht für die CDU ins Rennen, Ralf Volgmann für die SPD und Philipp Nickel tritt ebenfalls als unabhängiger Kandidat an.