Ein Vergnügen mit kleinen Schwächen: Peter Herrmanns Musical "Samis Welt" wurde im Licher Traumstern uraufgeführt.
Von Heiner Schultz
Eintauchen in Samis Welt: Peter Herrmann (ganz rechts) und sein Ensemble im Kino Traumstern. Foto: Schultz
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LICH - Eine ganz große Sache in der Region war die Vorstellung eines neuen Musicals am Mittwochabend im vollbesetzten Kino Traumstern. Der in Lollar lebende Musiker, Produzent und Komponist Peter Herrmann präsentierte "Samis Welt", eine Geschichte um Immigration, Flucht und Solidarität. Mit einem vitalen, hochwertigen Ensemble machte das von Anfang an Spaß, die verhuschte Performance von Sprecher Tom Liwa verhinderte allerdings größere Freuden.
Das Problem: Der bekannte Singer/Songwriter Liwa sprach so unpräzise, dass das wichtigste Element der Show, die Geschichte, nicht bei den Zuhörern ankam. Zudem verabschiedete er sich zumeist in den Hintergrund und verschwand auch optisch, ein alter Theatertrick. Die Zuhörer konnten sich unterdessen mit knackigen Rock- und Popsongs trösten; von denen gab es reichlich. Die Band mit Herrmann am Bass, Moritz Weissinger (Schlagzeug), Helmut Fischer (Keyboards) und Burkhard Mayer (Gitarre) sorgte für eine professionelle Ausgangslage. Hinzu kamen die Vokalisten: Jessica Hormann, Cynthia Nickschas, Lisa Marie Krause, Mischa Jung, Yannick Bernsdorff, und Victor Humel (Rap) agierten mit überschwänglicher Spielfreude. Zahlreiche Kulturschaffende waren zugegen, um den Stapellauf des Bühnenwerks zu verfolgen.
Ergänzt wurde die Aufführung von szenischen Zeichnungen, die von Dago Schelin, Stephan Maria Glöckner und Johannes Bauer stammen und ebenso wie Porträtfotos von Protagonisten im Bühnenhintergrund zu sehen waren. Allerdings ergab sich dabei kein optischer Fluss, zu oft blieb die Leinwand blass - und lenkte ab.
Die Wirkung der Musik war uneingeschränkt kraftvoll und emotional. Schon der Aufmacher "Wie es euch gefällt" zeigte mit adäquatem großen Keyboardklang das Potenzial, "Kaufen, kaufen, kaufen" setzte mit einem Rap einen aktuellen Akzent, und "Train, train, train" sorgte für das erste intensive Glanzlicht. Der Song bot tollen Gesang und einen geradezu himmlischen Chor mit einer zündenden Melodie. Nicht nur die Solistinnen strahlten, man konnte die Einheit mit den Sängern uneingeschränkt genießen: Es war emotional präsentiertes Musicalmaterial, das mitriss.
Einfühlsame Texte
Auch in "Erde, Feuer" war guter Gesang zu erleben, der erneut auf die nicht selten klugen, einfühlsamen und knackigen Texte aufmerksam machte - ein wohltuendes durchgängiges Merkmal des Stücks. Im Nu war die Zeit rum, und es ging mit dem zündenden Tanztitel "Freunde" in die Pause, Sängerin Lisa Marie Krause vibrierte förmlich, der Groove war enorm.
Zuweilen tauchten gezeichnete szenische Darstellungen im Hintergrund auf, die sich nicht zuordnen ließen, genau wie die namentlich gekennzeichneten fotografischen Porträts anderer Figuren. Routinier Yannick Bernsdorff glänzte mehrfach, etwa mit dem Stück "Tiere", bei dem er Ausdruck, Klarheit und handwerkliche Güte zusammenbrachte. Die Bilder lieferten dazu immer mal wieder Storyfetzen: ein Rettungsboot, eine Theatergruppe, Krieg im afrikanischen Heimatland von Samis Vater, blieben aber insgesamt im Unklaren.
Nicht nur Keyboarder Fischer sorgte mit einigen Akkordeonparts für klangliche Charakterwechsel, wie überhaupt die Arrangements farbenfroh und abwechslungsreich waren. Auffallend war auch die gute Geschlossenheit nicht nur der Band (ein paar Abschlüsse wurden verstolpert), sondern auch des gesamten Ensembles, was Transparenz und Durchschlagskraft auf ein hohes Niveau hob.
In der Zugabe "Freunde" leuchtete Lisa Marie Krause nochmal richtig auf und riss die versammelte Mannschaft komplett mit - ein echter Ohrwurm. Von denen gibt's in "Samis Welt" übrigens mehrere. Riesenbeifall, große Freude; eingeschränkt.
"Samis Welt" wird am 28. und 29. August um 19.30 Uhr in der Event Werkstatt (Dillfeld 3) in Wetzlar aufgeführt.